Frankfurt – Zebras sind die einzigen Unpaarhufer, die in freier Wildbahn noch in Massen auftreten. Gemeinsam mit Gnus und Gazellen geben sie alljährlich ein gewaltiges Schauspiel ab, wenn sie im südlichen Afrika im Rhythmus der Regen- und Trockenzeiten zu tausenden in neue Weidegründe und zurück wandern. Dabei folgen sie offenbar buchstäblich ausgetretenen Pfaden, wie das Senckenberg-Forschungsinstitut berichtet.
Ein Forscherteam um Chloe Bracis hat sich für die Frage interessiert, wovon sich Zebras auf den Wanderungen in neue Gebiete leiten lassen: von früher gemachten Erfahrungen oder von der aktuellen Lage. Laut der in den "Proceedings of the Royal Society B" erschienenen Studie ist es eindeutig Ersteres – ein Faktum, das man beim Schutz der Tiere berücksichtigen muss.
Zebras im virtuellen Raum
Bracis und ihr Kollege Thomas Müller wählten für ihre Studie einen originellen Ansatz: Sie erstellten nämlich am Computer virtuelle Zebras und schickten sie auf eine Entsprechung des rund 250 Kilometer langen Wegs vom Okavangodelta in die südlichen Makgadikgadi-Graslandschaften, den die echten Zebras jedes Jahr zurücklegen.
Die simulierten Zebras erhielten zwei unterschiedliche Programmierungen: "Entweder die simulierten Zebras orientierten sich an der gegenwärtigen Vegetation und damit Futterquellen, die sie in verschiedenen Entfernungen wahrnehmen können. Oder die simulierten Zebras wählten das Ziel danach aus, welche Vegetation und damit Futter sie an verschiedenen Orten Monate später voraussichtlich vorfinden würden. Grundlage ist hier die Erinnerung an in den Jahren zuvor gemachte Erfahrungen", erklärt Müller.
Das ergab unterschiedliche Routen – und die wurden anschließend mit dem Weg der echten Zebras verglichen, den andere Forscherteams per GPS-Halsband verfolgt hatten. Das Ergebnis: Die Ziele von erinnerungsgesteuerten Zebras kamen denen der echten bis zu viermal näher als die von wahrnehmungsgesteuerten. "Das trifft sogar zu, wenn man modelliert, dass die Zebras unbegrenzt weit Vegetationsveränderungen wahrnehmen können", so Bracis.
Auf ausgetretenen Pfaden
Die aktuelle Lage mag Geschwindigkeit und Zeitpunkt einer Wanderung beeinflussen, aber nicht das Ziel, sagt die Forscherin. Dass Zebras offenbar wenig flexibel sind, müsse bei Schutzbemühungen berücksichtigt werden – etwa beim Bau von Zäunen oder Straßen, die die überlebenswichtigen Wanderungswege abschneiden könnten. (red, 27. 5. 2017)