Neuer Regierungschef und Premierminister in Mazedonien wird der Sozialdemokrat Zoran Zaev.

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Skopje/Sarajevo – Wo immer er in diesen Tagen auf dem Balkan auftaucht, lösen sich die Krisen. Die Autorität, die Durchsetzungsfähigkeit und die Unersetzbarkeit der USA in der Region zeigen sich angesichts der Schwäche der EU immer mehr – trotz Donald Trump. Hätte sich US-Vize-Außenminister Hoyt Yee nicht so eingesetzt, gäbe es wohl noch lange keine Regierung in Mazedonien. Präsident Gjorge Ivanov hatte sich wochenlang geweigert, den Sozialdemokraten (SDSM) das Mandat zur Regierungsbildung zugeben – und erst nach dem Besuch von Hoyt Yee eingelenkt.

Angeführt wird das Kabinett nun vom Chef der SDMS, Zoran Zaev, dessen Partei mit den Albaner-Parteien DUI und der "Allianz für die Albaner" allerdings nur über 62 der 120 Stimmen im Parlament verfügt. Deshalb ist der Druck der USA auf die dritte Albanerpartei Besa, der Koalition ebenfalls beizutreten, sehr groß.

Besa (Ehrenwort) will sich bei der Bevölkerung – ein Viertel sind Albaner – den Ruf nicht durch eine Zusammenarbeit mit der DUI ruinieren. Vizepremierministerin dürfte die DUI-Politikerin und Bürgermeisterin von Tetovo, Teuta Arifi werden. Als Außenminister ist der Sozialdemokrat Nikola Dimitrov im Gespräch. Seine Kollegin Radmila Sekerinska soll EU-Ministerin werden.

Widerstand der VMRO

Die Regierung Zaev will die Annäherung an die EU und Nato voranbringen. Es gibt allerdings keinerlei Anzeichen, dass Griechenland sein Veto wegen des Namenskonflikts aufgeben könnte. Innerhalb der EU gibt es aber Überlegungen, dass alle Balkanstaaten die Verhandlungskapitel 23 und 24 (Justiz und Sicherheit) eröffnen sollten, um ein weiteres Abgleiten der Region in Instabilität und Autoritarismus zu verhindern.

In Skopje rechnet man mit einer Regierungsbildung am Wochenende. Die neue Koalition muss – auch wegen der sehr dünnen Mehrheit im Parlament – mit starkem Widerstand der bisher regierenden nationalkonservativen VMRO-DPMNE rechnen. Möglicherweise wird die VMRO das Parlament sogar boykottieren. Vertreter der VMRO haben berechtigte Angst, vor Gericht und später auch im Gefängnis zu landen. Die Veröffentlichung abgehörter Telefonate offenbarte ein in Europa einzigartiges Ausmaß an Korruption und Amtsmissbrauch des bisherigen Regimes.

Erst kürzlich wurden drei neue Untersuchungen gegen Ex-Premier und VMRO-Chef Nikola Gruevski und neun andere VMRO-Leute von der Sonderstaatsanwaltschaft gestartet. Es geht um Geldwäsche, illegale Parteienfinanzierung, Missbrauch von öffentlichen Ausschreibungen und persönliche Bereicherung im Ausmaß von 4,9 Millionen Euro. Gruevski wies alle Vorwürfe zurück. Die Aufklärung der Vorwürfe wird schwierig werden, weil große Teile der Verwaltung und der Justiz in das "System Gruevski" verstrickt waren und sind.

Involviert in Gewalt

Anfang der Woche wurden in Skopje erstmals auch acht Personen zu bedingten Haftstrafen verurteilt, die am 27. April das Parlament gestürmt und 100 Personen durch gewaltsame Attacken verletzt hatten. Es handelte sich um Schergen der VMRO, die einen Machtwechsel, der mit der Wahl des Parlamentspräsidenten eingeleitet wurde, verhindern wollten. Ein nun veröffentlichtes Video aus dem Parlament vom 27. April zeigt, dass auch Mandatare der VMRO direkt in den Sturm des Parlaments involviert waren, indem sie die Sicherheitsschranken öffneten und die Gewalttäter aufmunterten, auf die Opposition und die Medien loszugehen.

Der Machtwechsel in Skopje betrifft auch Moskau. Der prorussische Präsident Gjorge Ivanov besuchte diese Woche Präsident Vladimir Putin. Seit der Krise in der Ukraine und insbesondere seit US-Präsident Donald Trump an der Macht ist, hat sich die geopolitische Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen auf dem Balkan sehr verstärkt. (Adelheid Wölfl, 26.5.2017)