Chisinau/Bukarest – Der Bürgermeister der moldauischen Hauptstadt Chisinau und erste stellvertretende Vorsitzende der Liberalen Partei, Dorin Chirtoaca, ist am Donnerstagabend von Staatsanwälten der moldauischen Antikorruptionsbehörde PNA wegen des Verdachts auf Einflussnahme festgenommen worden.

Die Korruptionsjäger verdächtigen den 39-jährigen Kommunalpolitiker, in eine Korruptionsaffäre seines Rathauses verstrickt zu sein, bei der es um getürkte Ausschreibungen zur Vergabe eines Parkplatz-Bauauftrages vor Ort an ein österreichisch-ungarisches Joint Venture, um Bestechungsgabe und -annahme, Amtsmissbrauch und Einflussnahme geht.

Bizarre Szenen

Neben Chirtoaca wurden auch der Sekretär des Munizipalrats von Chisinau, Valeriu Didencu, zwei Stadträte sowie fünf Unternehmensvertreter in Gewahrsam genommen. Chirtoaca wurde vor laufenden Kameras abgeführt, wobei es vor dem Rathaussitz zu einem kurzen Tumult kam, da einige Dutzend Anhänger des seit zehn Jahren amtierenden Oberbürgermeisters versuchten, die Abfahrt des Polizeiautos mit ihm an Bord zu verhindern. Bizarre Szenen spielten sich, einhelligen Medienberichten zufolge, auch im Rathausinneren ab – einer der beiden verdächtigen Stadträte versuchte nämlich, den Kriminalbeamten zu entwischen und lieferte sich mit diesen eine minutenlange Hetzjagd auf den Rathaus-Korridoren, bevor er schließlich dingfest gemacht werden konnte.

Viele offene Fragen gibt es vor allem bezüglich des im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen genannten verstrickten österreichisch-ungarischen Unternehmens EME Parkleitsystem GmbH. Die moldauische Presse argwöhnt, dass es sich bei der derzeit telefonisch nicht erreichbaren Firma um eine Briefkastenfirma handelt, die überdies kaum zwei Monate vor der zu ihren Gunsten ausgefallenen Ausschreibung gegründet worden war. Der moldauische Bürgerrechtler Victor Chironda erklärte diesbezüglich, den auf der Unternehmens-Homepage angeführten Firmensitz in Wien persönlich gesucht und vor Ort keine Firma dieses Namens gefunden zu haben.

Keine Stellungnahme der Partei

Die moldauischen Liberalen gaben nach der Festnahme ihres ersten Vizepräsidenten vorerst keine Stellungnahme ab, beriefen jedoch für Freitagnachmittag eine Dringlichkeitssitzung ihres Leitungsgremiums ein.

Der moldauische Staatspräsident Igor Dodon zeigte sich erfreut: Er sei gerade unterwegs nach Budapest und freue sich über diese "großartige Neuigkeit", schrieb der Sozialist bei Facebook. Er hoffe, dass schon bald Teilwahlen in Chisinau anberaumt werden – womöglich noch im Frühherbst, fügte Dodon hinzu. Dessen Sozialisten hatten vor kaum zwei Wochen eine Unterschriftensammlung zur Abberufung Chirtoacas gestartet – Präsident Dodon hatte dabei zu den ersten Unterzeichnern gehört. (APA, 26.5.2017)