Wien – Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) appelliert im Scheidungskrieg an die Regierung, beim Ministerrat am Dienstag "wieder ausführlicher miteinander zu reden", denn: "Beim Reden kommen bekanntlich die Leute zusammen."

Als Erstes sollten dann gleich die "weitgehend unstrittigen" Themen im Bereich Sicherheit und Fremdenrecht abgearbeitet werden, forderte Brandstetter. Auf der Tagesordnung steht de facto nur Formelles und kein großes Vorhaben.

Schwarzer Unmut

Vergangene Woche war der Ministerrat zum Unmut der ÖVP von der SPÖ abgesagt worden, stattdessen wurden bei einem Sechsparteiengespräch auf Einladung von Kanzler Christian Kern (SPÖ) parlamentarische Mehrheiten für Verfassungsmaterien ausgelotet. Gespräche mit der Opposition über Themen, die eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat benötigen, sollten zwar weitergeführt werden, findet Brandstetter, er fordert aber eine Fokussierung auf jene Themen, die SPÖ und ÖVP alleine umsetzen können. "Die Bundesregierung braucht einen Fahrplan und klare Prioritäten."

Ob Gesetzesinitiativen formell vom Ministerrat oder direkt vom Parlament ausgehen, sei ihm nicht so wichtig, es stehe "die pragmatische Sacharbeit" im Vordergrund. "Es würde positiv auffallen, wenn sich die Regierung – möglichst frei von Emotionen – verstärkt und nach außen erkennbar um die Sachpolitik kümmert. Da ist noch mehr drin. Davon bin ich überzeugt", so Brandstetter.

Mehr Überwachung

Mit Verweis auf aktuelle Aussagen des Direktors des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Peter Gridling, forderte Brandstetter, die geplanten Sicherheitsmaßnahmen rasch umzusetzen. Konkret geht es ihm um die Reform der Strafprozessordnung mit einer Ausweitung der Überwachung von Internetkommunikation von Verdächtigen sowie um das Sicherheitspolizeigesetz, das eine Vernetzung von Überwachungskameras und die automatische Kennzeichenerfassung bringen soll. Umgesetzt werden solle außerdem das Fremdenrechtspaket.

Nicht nur der Vizekanzler sehnt sich nach einer besseren Gesprächskultur, auch die neue ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger will in nächster Zeit mit ihren Kollegen aus den anderen Parteien einiges bereden und hat daher die Generalsekretäre zu Gesprächen über einen "neuen Stil in der Politik" eingeladen. Das Niveau des politischen Miteinanders müsse sich "deutlich verbessern", und das werde sie in diesen Gesprächen auch einfordern, kündigte Köstinger an, die zuletzt mit einem sexistischen Posting konfrontiert war. (APA, 28.5.2017)