1. Jetzt aber huRTRig

Sie sollten sich jetzt wirklich beeilen – wenn Sie ab Juli um die 200.000 Euro im Jahr verdienen möchten, pro Jahr grob 32 Millionen Euro unter Sendern und Produzenten verteilen und überhaupt einen der schönsten Jobs der Medienbranche, jedenfalls für jene, die nicht unbedingt den täglichen Thrill brauchen: Wenn die nächste Wochenschau erscheint, ist die Bewerbungsfrist beim Medienminister praktisch abgelaufen für den Medien-Geschäftsführer der Rundfunk- und Telekomregulierungs GmbH, kurz RTR.*

Es könnte allerdings sein, dass Sie sich die Mühe umsonst machen. Menschen, die der Job auch interessierte, soll im Kanzleramt bedeutet worden sein, dass der künftige RTR-Manager schon recht fest stehen soll. Und es deutet einiges darauf hin, dass der Neue Oliver Stribl heißt, seit Anfang 2016 Geschäftsführer und Herausgeber des Manstein-Branchenverlags, davor leitete er den Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien.

2. Medienförderung: Qualitäts- und Größenfragen

Wien ist – in seiner Wien Holding – ja auch Privatfunker – W24 erhielt zuletzt immerhin (für 2017) 389.000 Euro, die überregionale Plattform R9 258.000 aus dem Privatrundfunkfonds der RTR. Überschaubar gegen gut eine Million für Ö24.TV. Gegen 1,5 Millionen für ATV und ATV 2, neuerdings Teil des marktbeherrschenden Privatfernsehkonzerns ProSiebenSat1Puls4. Und gegen zuletzt 1,7 Millionen Euro RTR-Förderung für Puls 4 – für die "Puls 4 News" (1,2 Millionen), für "Pro und Contra" (270.000) und 240.000 Euro Förderung für "Bist du deppert: Steuerverschwendung und andere Frechheiten".

Die 1,7 Millionen Euro Förderung für Puls 4, 1,5 für ATV und eine für Ö24TV stelle ich – auch öffentlich geförderter – Print- und Onlinejournalist an stillen Frühlingsabenden gerne der österreichischen Bundespresseförderung gegenüber. DER STANDARD bekam 2016 exakt 1.004.590,90 Euro Presseförderung, "Die Presse" 1.013.507,10 Euro, der "Kurier" noch 240881,50 und seine große Mediaprintschwester "Krone" 233.891,20.

Die von Thomas Drozdas Medienministerium im Kanzleramt konzipierte neue Medienförderung geht es auch etwas breiter an: Nach bisher vorliegenden Entwürfen würde etwa die "Krone" in Richtung 1,1 Millionen Maximalförderung gehen, "Österreich" und "Heute" würden jedenfalls sechsstellig gefördert. In der Qualitätsdebatte habe er auch auf EU-Kommissionsebene unzählige Gespräche geführt, eine adäquate Definition über journalistische Qualität liege ihm aber bis heute nicht vor, erklärte Drozda seine Fördervorstellungen erst vorige Woche wieder.

Wie die Akademie der Wissenschaften für die RTR Medien-Qualität operationalisierte - und bestimmte: Aus dem Inhaltsverzeichnis der Studie "Qualität des tagesaktuellen Informationsangebots in den österreichischen Medien".
Foto: RTR / Akademie der Wissenschaften

Warum in die Ferne schweifen? Ein Blick auf die Tätigkeit des bisherigen RTR-Chefs Alfred Grinschl könnte da schon helfen: Die RTR hat 2015 eine Studie der Akademie der Wissenschaften in ihrem Auftrag publiziert, die sich auf 122 Seiten mit der Qualität des tagesaktuellen Informationsangebots in österreichischen Medien beschäftigt. Versteht sich, dass man dafür Qualität auch operationalisieren muss.

Autor Josef Seethaler, stellvertretender Direktor des Instituts für vergleichende Kommunikationsforschung an der Akademie, tut das entlang der Kriterien Transparenz, Vielfalt, Relevanz und Professionalität – Fundiertes für alle Qualitätsdebatten gibt es unter diesem PDF-Link.

Und übrigens: Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben der österreichische Gesetzgeber und die EU, die zum ORF-Gesetz 2010 mit einem Beihilfenverfahren gegen Österreich motivierte, kein Problem, öffentliche Förderungen von inhaltlichen Qualitätsanforderungen abhängig zu machen. Oder ist – nur zum Beispiel – der umfangreiche Paragraf 4 des ORF-Gesetzes keine Qualitätsvorgabe? Warum ist dann Paragraf 4a überschrieben mit "Qualitätssicherungssystem"?

So kritisierbar weit der ORF-Gesetzesauftrag da gefasst ist – er stellt qualitative Bedingungen für 600 Millionen Euro öffentliche Förderung im Jahr. Hier einem öffentlich-rechtlichen Unternehmen, aber Private können sich ja aussuchen, ob sie Kriterien erfüllen und Förderung wollen. Oder hab' ich da gar etwas missverstanden am ORF-Grundprinzip: Fördergeld für Reihe von inhaltlichen, qualitativen Anforderungen?

Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) und ORF-General Alexander Wrabetz (Mitte.).
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

3. ORF: Die große Bau-Abrechnung mit Ablaufdatum

Erbauliches freilich sollte man sich vielleicht eher nicht abschauen beim ORF. Diese Woche beraten die Stiftungsräte von Österreichs größtem Medienunternehmen, wie es mit ihrem 303-Millionen-Sanierungs- und Bauprojekt ORF-Zentrum auf dem Küniglberg weitergeht. Noch nicht am großen ovalen Corian-Tisch für 42 Räte samt Geschäftsführung, der ist, wie der neue Sitzungssaal-Bereich für 800.000 bis 850.000 Euro, noch nicht fertig.

Da wird es gehen um die merklich teurere Sanierung des Haupttrakts (laut Wrabetz 60 statt 53 Millionen, inklusive Rats-Sitzungssaal) und um die weitere, günstigere Sanierung der übrigen Objekte, also 80 Prozent des Bauprojekts. Ein wesentlicher Teil, der bisher mit 60 Millionen Euro veranschlagte Neubau für's Programm samt großem multimedialem Newsroom schrumpft schon eine Weile Richtung Nichtrealisierung.

Der Neubau bekommt nun ein Ablaufdatum (das Wrabetz vor der Sitzungswoche nicht verraten wollte). Wenn Bezirk Hietzing und Stadt Wien nicht bis zum Tag X doch noch die Flächenwidmung und alle anderen behördlichen Notwendigkeiten (Anrainerproteste und -juristen inklusive) für den Neubau hinzaubern, dann lässt's der ORF eben. Damit versucht ORF-General Alexander Wrabetz, den nun schon eine Weile herumeiernden Ball möglichst elegant an die Stadt Wien weiterzuspielen: Wenn ihr einen großen, gerade noch modernen ORF-Newsroom wollt, dann tut doch auch was dafür.

Im Stiftungsrat (und naturgemäß auch in seinem Finanzausschuss am Montag) soll Wrabetz zudem erklären, wie es um den (auch fraglichen) Verkauf des Funkhauses steht. Wie er in den nächsten fünf Jahren kumuliert 300 Millionen Euro einsparen will. Zudem seine nun auf nach der Nationalratswahl vertagte Channel-Struktur samt Aufteilung der TV-Information.

Den Jahresabschluss 2016 – mit rund 30 Millionen Minus wegen des zumindest vertagten, aber budgetierten Funkhaus-Verkauf – sollen die Stiftungsräte auch genehmigen und die Geschäftsführung entlasten.

4. Mediaprint, "Krone" und "Kurier" geben GAS

Beim zweitgrößten Medienkonzern im Land tagt ebenfalls am Donnerstag das wichtigste Entscheidungsgremium. Der Gesellschafterausschuss der Mediaprint, GAS abgekürzt, ist mit sechs Mitgliedern etwas kleiner als der ORF-Stiftungsrat und leider (noch) etwas weniger zugänglich, aber kaum weniger spannungsgeladen. Je zwei Herren vertreten dort die Dichands (50 Prozent an der "Krone"), die deutsche Funke-Gruppe (50 Prozent an der "Krone" und fast 50 am "Kurier") und Raiffeisen (gut 50 Prozent am "Kurier").

Dichands und Funkes streiten seit 2001, und das 2017 mit immer originelleren Mitteln. Und dass man da zumindest einander wenig schenkt, versteht sich von selbst.

5. Braune Ratten

Darf eine ATV-Satiresendung einem FPÖ-Politiker und Vizekanzler "braune Ratten" in seinem Umfeld nachsagen – wir sprechen vom Jahr 2003? Zu Bildern von Nilpferden nämlich – der Politiker (Herbert Haupt) übernahm in Schönbrunn die Patenschaft eines Junghippos. Am Donnerstag entscheidet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (wieder einmal) über diese Frage – mehr in Hans Peter Lehofers stets erhellendem Blog. Womit ich doch auch noch diese Woche eine – diesmal ganz ernst gemeinte – Lese-Empfehlung untergebracht hätte.

Was war: Mediendienste-Richtlinie

Thema in der vorigen Wochenschau: Was die Kulturminister der EU aus der EU-AV-Mediendiensterichtlinie machen – Stichwort etwa Europaquoten für Netflix etwa. Den – unverbindlichen – Letztstand des Textes gibt es inzwischen diesen Link. Auch dafür: Dank an Lehofer!

Wo was weitergeht

Wie sich der Fünf-Punkte-Plan der Etat-Wochenschau in der österreichischen Medienrealität materialisiert, und was sich dort auch ganz ohne Prognose tut, lesen Sie – so rasch wie möglich – auf http://derStandard.at/Etat. Bleiben Sie dran. (Harald Fidler, 29.5.2017)