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Macrons Weggefährte Richard Ferrand stellte seinen Sohn auf Staatskosten an, weil man "in der Bretagne nicht so leicht Jugendliche findet, die korrekt lesen und schreiben können". Das wird für den Präsidenten zum Problem.

Foto: AP / Eric Feferberg

Wenn einer Emmanuel Macron zum Durchbruch verhalf, dann war es Richard Ferrand: Der 54-jährige Bretone war als erster sozialistischer Abgeordneter zum einstigen Wirtschaftsminister übergelaufen und hatte damit eine parteiübergreifende Dynamik zugunsten des später gewählten Kandidaten losgetreten. Zur Belohnung wurde er nach der Wahl "Minister für die territoriale Kohäsion", was Wohnbau, Städte- und Raumplanung einschließt.

Nach anderhalb Wochen im Amt wird er nun zu einer Hypothek. Ferrand soll bei einem Immobiliengeschäft in Brest seine Ehefrau begünstigt haben. Wie das Magazin Le Canard enchaîné berichtet, mieteten die Mutuelles de Bretagne (Zusatzkrankenver sicherung) 2011 unter Ferrands Direktion ein Lokal, das seiner eigenen Partnerin gehörte. Sie soll daran durch Renovierungs arbeiten und die Wertsteigerung 500.000 Euro verdient haben. Vor drei Jahren beschäftigte Ferrand außerdem seinen damals 23-jährigen Sohn während einiger Monate für insgesamt 6.800 Euro als Parlamentsassistent.

Unterschiedliche Maßstäbe

Diese Details erinnern die französische Öffentlichkeit natürlich an "Penelope-Gate" des konservativen Ex-Präsidentschaftskandidaten François Fillon. Er war in den Umfragen vor Macron gelegen, bevor ihm die Anstellung von Familienangehörigen zum Verhängnis wurde. Wie bei ihm stellt sich die Frage, ob Ferrands Sohn wirklich gearbeitet hat; sonst läge der Tatbestand der Veruntreuung öffentlicher Gelder vor.

Die "Affäre Ferrand", wie sich die Pariser Medien ausdrücken, durchkreuzt Macrons sehr professionnelle Kommunikation. Gerade wegen des Fillon-Skandals will Macron am 7. Juni – vier Tage vor den Parlamentswahlen – ein "Moralisierungsgesetz" vorlegen, das unter anderem die Beschäftigung von Familienmitgliedern im Parlament untersagt und Interessenkonflikten vorbeugt.

Macrons Sprecher Christophe Castaner behauptet, Ferrand habe "nichts Illegales" getan. Das hatte auch Fillon erklärt, bevor gegen ihn wegen der Scheinbeschäftigung seiner Frau ein Strafverfahren eröffnet wurde. Gegen Ferrand plant die Finanzstaatsanwaltschaft, wie sie auffallend rasch erklärt hat, keine Vorermittlung.

Zu wenig fähige Jugendliche

Front-National-Präsidentin Marine Le Pen verlangt den Rücktritt des Ministers. Der lehnt das mit dem Hinweis ab, es handle sich um eine "Pseudo-Affäre". Die Beschäftigung des Filius erklärte der Minister ungeschickt damit, dass man in der Bretagne nicht so leicht Jugendliche finde, die "korrekt lesen und schreiben können".

Für Macron, der sich auf dem Nato- und G7-Gipfel im internationalen Rampenlicht gesonnt hat, ist die Affäre mehr als peinlich. An sich hat er nur die Wahl zwischen zwei schlechten Lösungen. Lässt er Ferrand fallen, überschattet dies seinen Amtsbeginn. Hält er an seinem treuen Weggefährten fest, schwächt er die Wirkkraft seines Moralisierungsgesetzes.

Auch wenn die Ferrand-Affäre bisher nicht das gleiche Echo auslöst wie das "Penelope-Gate", ist sie auch Negativwerbung für Macrons Partei La République en Marche (LRM). Sie steuerte gerade auf einen Sieg bei den Parlamentswahlen zu: Laut mehreren Umfragen kann die neue Formation im ersten Wahlgang mit 28 bis 32 Prozent der Stimmen rechnen. In der Stichwahl könnte sie damit rund 320 der 577 Sitze der Nationalversammlung erringen – das wäre eine absolute Mehrheit. (Stefan Brändle aus Paris, 29.5.2017)