Manchester – Eine Woche nach dem Anschlag in Manchester kehrt Großbritannien langsam zur Normalität zurück. Nach Fahndungserfolgen der Polizei im Umfeld des Selbstmordattentäters gilt ab Dienstag nicht mehr die höchste Terrorwarnstufe. Dann werden auch die Soldaten zurückgezogen, die zur Unterstützung der Polizei auf die Straßen beordert wurden.

Zugleich allerdings laufen die Ermittlungen auf Hochtouren weiter. Innenministerin Amber Rudd sagte am Wochenende, manche Mitglieder des Netzwerks um den 22-jährigen Täter Salman Abedi seien womöglich noch auf der Flucht. Der Chef der Anti-Terror-Polizei, Mark Rowley, betonte: "Es gibt noch eine Menge Arbeit. Es wird weitere Verhaftungen geben." Zuletzt befanden sich elf Verdächtige in Gewahrsam. Abedi, der in Großbritannien geboren wurde und libysche Eltern hat, hatte sich am Montagabend nach einem Pop-Konzert in die Luft gesprengt. Dabei starben 22 weitere Menschen, darunter sieben Kinder, 116 wurden verletzt.

Die Polizei veröffentlichte ein Foto Abedis aus einer Videoüberwachung vor dem Attentat, das ihn mit einer grauen Baseball-Kappe, Brille und einem schwarzen Rucksack zeigt. Damit sollen weitere Erkenntnisse über seine Aufenthaltsorte nach dem 18. Mai gewonnen werden. An diesem Tag war Abedi von einer Libyen-Reise nach Großbritannien zurückgekehrt.

Die Polizeibehörden verwiesen in einer gemeinsamen Erklärung auf erhebliche Ermittlungserfolge. In den vergangenen Tagen seien bedeutsame Informationen gesammelt worden über Abedi, seine Verbündeten, seine Finanzen und Aufenthaltsorte sowie darüber, wie die Bombe gebaut wurde. Rowley zufolge wurde bereits ein großer Teil von Abedis Netzwerk gefasst. Bevor der Attentäter sich auf seinen Weg zum Anschlagsort vor der Manchester Arena machte, befand er sich den Angaben zufolge in einer Wohnung im Stadtzentrum. Dort habe er womöglich den Sprengsatz endgültig montiert.

Sicherheitskreisen zufolge ist durch diese Erkenntnis unwahrscheinlicher geworden, dass ein Profi-Bombenbauer auf freiem Fuß ist, von dem noch eine Gefahr ausgehen könnte. Vor diesem Hintergrund kündigten die Behörden an, dass die höchste Terrorwarnstufe nur noch bis einschließlich Montag gilt. Demzufolge wird dann zwar nicht mehr davon ausgegangen, dass ein Anschlag unmittelbar bevorsteht. Die Rückstufung bedeutet aber immer noch, dass die Wahrscheinlichkeit eines Attentats als hoch eingeschätzt wird. "Das Land sollte wachsam bleiben", sagte Premierministerin Theresa May.

Der jüngere Bruder des Attentäters von Manchester soll laut der britischen Zeitung "Telegraph" zufolge einen Terroranschlag auf den deutschen UN-Libyengesandten Martin Kobler geplant haben. Der für Anfang dieses Jahres vorgesehene Angriff auf einen Konvoi konnte rechtzeitig verhindert werden. Die Zeitung berief sich auf Diplomatenkreise. Der 20-jährige Hashim Abedi sei ein wichtiges Mitglied einer Jihadistengruppe. Libysche Sicherheitskräfte hätten diese Gruppe über Monate beobachtet.

Der 20-Jährige war am Dienstag – einen Tag nach dem Anschlag seines Bruders Salman Abedi in Manchester – in der libyschen Hauptstadt Tripolis festgenommen worden. Auch der Vater wurde festgesetzt.

An diesem Montag ist in Großbritannien Feiertag. Am langen Wochenende waren zahlreiche Großveranstaltungen angesetzt, darunter die Endspiele um den englischen und den schottischen Fußballpokal sowie ein Straßenlauf und ein großes Rockkonzert im Manchester. Landesweit wurden bei insgesamt etwa 1300 Veranstaltungen die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Zusätzlich für Chaos sorgten Computerprobleme bei British Airways, die zu massiven Flugausfällen führten. (APA/Reuters, 28.5.2017)