Warschau / Wien / Wiener Neustadt – Die polnischen Justizbehörden übergeben den Vorarlberger Benjamin F. am Montagnachmittag an die österreichischen Behörden. Das erklärte Dariusz Abramowicz, der Sprecher des Landesgerichts in Lublin, am Montag. F. war Ende April in Polen verhaftet worden, die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wirft ihm vor, Kriegsverbrechen in der Ukraine begangen zu haben.

"Die Übergabe von Benjamin F. an die österreichischen Behörden, die im Rahmen eines europäischen Haftbefehls erfolgt, wird in den Nachmittagsstunden des heutigen Tages stattfinden", informierte Gerichtssprecher Abramowicz. Bereits am vergangenen Donnerstag hatte ein mit dem Fall befasster Vertreter von F.s Angehörigen bestätigt, dass F. in der nunmehr begonnenen Woche an Österreich ausgeliefert werde.

Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wirft dem 25-jährigen Vorarlberger vor, auf der ukrainischen Seite gekämpft und "gegnerische Soldaten, die sich bereits ergeben hatten, beziehungsweise Zivilisten getötet" zu haben. Die Kriegsverbrechen sollen im "Frühjahr 2016" verübt worden sein, erklärte Behördensprecher Erich Habitzl vergangene Woche. Einen genaueren Zeitraum der Verbrechen, so betonte Habitzl, könne er nicht eingrenzen. Für F. gilt die Unschuldsvermutung.

Laut offiziellen Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums war der Österreicher seit dem 17. Mai 2016 Angehöriger der 59. Brigade der regulären ukrainischen Streitkräfte und hat sich am 15. Dezember 2016 unerlaubt von seiner Einheit entfernt. Sprecher des Prawyj Sektor (PS) erklärten zudem, dass F. im 11. Bataillon der 59. Brigade registriert gewesen sei. Die rechtsextreme ukrainische Organisation dementierte gleichzeitig jedoch Medienberichte, wonach F. vor seinem Eintritt in die reguläre Armee der Ukraine in einem Freiwilligenbataillon des Prawyj Sektor gekämpft habe. F. ist laut dem Verteidigungsministerium in Kiew der einzige österreichische Staatsbürger, der den ukrainischen Streitkräfte angehört habe oder angehöre.

Einvernahme am Dienstag

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl, bestätigte noch am Montagvormittag, dass Benjamin F. am Nachmittag in Polen der österreichischen Polizei übergeben und noch heute nach Österreich gebracht werde.

Für Dienstag ist laut Habitzl die Einvernahme des 25-Jährigen geplant. Dann soll sich auch gleich entscheiden, ob Untersuchungshaft verhängt wird oder nicht. Die Vorwürfe der Kriegsverbrechen beziehen sich laut dem Sprecher auf Kämpfe um den Flughafen von Donezk in der Ostukraine.

Im Osten der Exsowjetrepublik Ukraine kämpfen ukrainische Regierungstruppen seit 2014 gegen prorussische Separatisten, die mit verdeckter Militärhilfe aus Russland agieren. Bisher wurden etwa 10.000 Menschen getötet. Ein 2015 in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarter Friedensplan wird von beiden Seiten nicht umgesetzt. Hintergrund des blutigen Konflikts ist die Westorientierung der Regierung in Kiew. (APA, 29.5.2017)