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Der Tourismus hat Goa nicht nur Geld, sondern auch Drogenhandel, Umweltschäden und Schutzgelderpressung gebracht.

Foto: AP / Rajesh Kumar Singh

Vor dem "Shiva Place", einer Strandkneipe an Goas Little Vagator Beach, wird ein abgestorbener Baum mit fluoreszierenden Streifen bemalt. Neben dem Beachvolleyballfeld bauen die Mitarbeiter ein Metallgerüst für die Scheinwerfer auf. Es ist der Samstag vor Ostern, und das "Shiva Place" bereitet sich auf seine vielleicht letzte Strandparty vor.

"Kommt heute Abend vorbei", rufen die jungen Männer, die aussehen, als seien sie selbst ihre besten Kunden: mit Shorts und T-Shirts bekleidet, Zigaretten, Bier oder ein Joint sind schon am Morgen nie fern. Mitte April ist es bereits ziemlich heiß in Goa, und die Strände sind leer. Etwas Werbung kann nicht schaden.

"Partys sind gegen unsere Kultur"

Vor einigen Tagen nun hat Goas Minister für Wasserressourcen, Vinod Palyekar, ein Partyverbot ab 22 Uhr gefordert. "Diese Partys sind gegen unsere Kultur", schimpfte der Minister, "wir müssen sie sofort stoppen." Die Küstenregion Goas sei von Drogen "verseucht", die Regierung habe "keinerlei Kontrolle" über den Drogenhandel, so Palyekar.

Es ist nicht das erste Mal, dass Politiker in Goa fordern, alles anders zu machen. Der kleine Bundesstaat an der Westküste Indiens, der in den 1960er- und 1970er-Jahren durch Hippies und Haschisch bekannt wurde und in den 1980ern auf Rave, Trance und synthetische Drogen umsattelte, ringt seit den Anfängen des Tourismus mit seinen Gästen und seiner eigenen Identität.

Umweltschäden durch Partys

Bereits im Jahr 2000 wurde ein nächtliches Verbot von Partys zwischen 22 und 7 Uhr erlassen, nachdem eine exzessive, zwölftägige Millenniumsfeier am Strand von Anjuna die Goaner erzürnte und erhebliche Umweltschäden in Form von gefällten Palmen, planierten Hügeln und künstlich in die Felsen gehauenen Höhlen verursachte. Zuvor hatte ein Journalist aufgedeckt, wie der Gastgeber, ein Industriellensohn aus Mumbai, mit viel Geld Recht und Gesetz umgehen konnte. Herald, die Zeitung des Journalisten, definierte Ravepartys als "Drogenorgien, bei denen Technomusik in sehr hoher Dezibelzahl gespielt wird".

Diese Interpretation hat sich offenbar auch Vinod Palyekar zu eigen gemacht. Ministerpräsident Manohar Parrikar stellte daher klar, dass Partys nach 22 Uhr bereits per Gesetz verboten seien. "Das Verbot wird von der Regierung überwacht, daran ist nichts kontrovers", so Parrikar. Die Polizei habe "strikte Anweisung", gegen Drogen, Prostitution und illegales Glücksspiel vorzugehen.

Massiver Strukturwandel

Nichts Neues in Goa also? Doch. Der kleinste Bundesstaat Indiens befindet sich wie das ganze Land in einem massiven Strukturwandel. Als die ersten Europäerinnen in den 1960er- und 1970er-Jahren in Bikinis oder noch weniger Bekleidung in der Sonne badeten, war Indien ein zutiefst konservatives Land, in dem es undenkbar war, zum Schwimmen einen Badeanzug anzuziehen oder gar als Frau eine Jeans zu tragen.

Etwas anders war Goa, das 450 Jahre lang eine Kolonie Portugals war und erst 1961 Teil der indischen Union wurde, schon immer. Tanzlokale und ein entspannter Umgang mit Alkohol gehören zum portugiesischen Erbe. Kein Wunder also, dass der Fremdenverkehr eine der wichtigsten Einkommensquellen wurde und bis heute einen entscheidenden Beitrag zum Wohlstands Goas leistet. Aber er hat auch einen Rattenschwanz von Problemen mit sich gebracht, deren die Politik kaum Herr wird: Bodenspekulation, Schutzgelderpressung, Drogenhandel, Umweltschäden wie wilde Müllhalden und Wassermangel.

Schon länger kein Idyll mehr

Im vergangenen Jahr sorgte ein Artikel im britischen Guardian für Schlagzeilen. Unter der Überschrift "Kein Idyll mehr. Warum ich Goa verlasse" klagt die Autorin Deepti Kapoor, die mit ihrem Mann vor acht Jahren von Mumbai nach Goa gezogen ist, über den Wandel in ihrer Wahlheimat. "Damals war Goa schön, entspannt und aufregend zugleich", so Kapoor. Heute allerdings sei alles voller Müll, in den Flüssen sterben die Fische, und überall werde unkontrolliert gebaut.

Doch bei genauerem Hinsehen wird klar: Goa ist schon viel länger kein Idyll mehr. (Britta Petersen aus Vagator, 30.5.2017)