Rom – Die italienischen Parteien führen in Rom intensive Gespräche über eine Wahlrechtsreform. Sollte es noch dieser Woche zu einer Einigung kommen, könnten vorgezogene Parlamentswahlen bereits im Oktober stattfinden, behaupten politische Experten in Rom. Aussicht auf Neuwahlen vor dem regulären Ende der Legislaturperiode im Frühjahr 2018 drückten am Montag die Aktienkurse an der Mailänder Börse.

Die Demokratische Partei (PD) um Ex-Premier Matteo Renzi und die rechtskonservative Oppositionspartei Forza Italia um den TV-Zaren Silvio Berlusconi verhandeln in Rom, um eine Einigung über ein Wahlgesetz einzufädeln, das breite Zustimmung im Parlament finden kann. Renzi hofft, Berlusconis Zustimmung für eine Wahlrechtsreform nach deutschem Modell zu erhalten. Demnach sollen 50 Prozent der Parlamentssitze nach Proporz- und 50 Prozent nach Mehrheitswahlrecht vergeben werden.

Renzi, der an eine Fünf-Prozent-Sperrklausel denkt, hofft auch, die Zustimmung der Fünf Sterne-Bewegung für seine Reform zu gewinnen. Sondierungsgespräche zwischen Mandataren des PD und der Partei von Beppe Grillo am Montag gaben Renzi Anlass zur Hoffnung.

Gegen das deutsche Wahlmodell wehrt sich Renzis Koalitionspartner "Alleanza Popolare" (AP). Die rechtskonservative Kleinpartei um Außenminister Angelino Alfano befürchtet, wegen der Sperrklausel aus dem Parlament ausgeschlossen zu bleiben. Alfano stemmt sich auch gegen vorgezogenen Parlamentswahlen. Er drängt darauf, dass die Legislaturperiode bis zu ihrem regulären Ende dauern soll.

Der Wahlgesetz-Entwurf Renzis soll kommende Woche in der Abgeordnetenkammer diskutiert werden. Der PD hofft, dass das neue Wahlgesetz vor den Kommunalwahlen am 11. Juni im Parlament über die Bühne gehen könnte, zu denen rund zehn Millionen Italienern aufgerufen sind. Die Kommunalwahlen in Städten wie Genua, Palermo, Verona und Parma gelten als letzter Stimmungstest vor den Parlamentswahlen.

Die Oppositionsparteien drängen schon seit Monaten auf vorgezogene Parlamentswahlen. Die populistische Fünf Sterne-Bewegung hofft dabei, mit über 30 Prozent zur stärksten Einzelpartei vor Renzis PD aufzurücken. (APA, 29.5.2017)