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Leah Reminis aktuelle Doku-Reihe "Leah Remini: Ein Leben nach Scientology" läuft seit vergangener Woche auf dem Bezahlsender A&E.

Foto: Reuters/FRED PROUSER

Die US-Serie "King of Queens" läuft seit vielen Jahren in Dauerschleife. Anfang der 2000er-Jahre ging sie in Österreich und Deutschland an den Start, zu einer Zeit, als man sich von Serien im Speziellen und TV-Konsum im Allgemeinen noch nobel mit dem Hinweis, keinen Fernseher zu haben, distanzierte. Heute steht man zum Kulturgut Serie, nicht zuletzt wegen des Zusatzes "Quality" vor dem "TV" und weil Amazon und Netflix schier für jeden und jede etwas bereithalten – ob Drogenschmuggel, Mode, Musik, Politik oder das Leben abseits der Hetero-Norm.

Aber damals? Nichts hatten wir. Es gab nur ein paar wenige Serien – und die waren politisch weniger einwandfrei. Und so musste man sich wappnen gegen die bildungsbürgerliche Kritik, dass man mit Serien wie "King of Queens" doch Schund konsumiere, der noch dazu sexistisch und homophob sei. Das beste Argument zur Gegenwehr ist und bleibt der Ansatz des Soziologen Stuart Hall. Hall warf in seinen Überlegungen für die ZuseherInnen die Möglichkeit auf, die womöglich intendierte Bedeutung eines Kulturprodukts nicht übernehmen zu müssen, sondern sie nur als Vorschlag zu verstehen. Als ZuseherIn könne man somit selbst über die Lesart bestimmen, also "gegen den Strich lesen".

Familie, auch ohne Kinder

Dafür eignet sich "King of Queens" bestens. Insbesondere die Figur der Carrie Heffernan lässt Spielraum für Interpretationen. Die HauptprotagonistInnen Doug und Carrie Heffernan wohnen in Queens. Sie haben ihre Jobs, ihre Hobbys, ihr kleines Häuschen, ein paar FreundInnen. Als in der ersten Folge Carries Vater sein Haus abfackelt, muss er zu ihnen ziehen und wird fortan von den Heffernans mitversorgt. Kinder sind keine da, als sich eines ankündigt, überkommt Doug und Carrie keine Vorfreude, sondern Panik wegen möglicher Verarmung. Nach einer Fehlgeburt, übrigens auch nicht oft in Sitcoms zu sehen, ließen sich die SerienautorInnen für Kinder bis zur allerletzten Folge Zeit. Die Serie macht also dann Schluss, wenn Kinder auftauchen. Eine Familienserie ohne Kinder, dafür mit einem seltsamen alten Mann im Haus – der ebenso auf Sorgearbeit angewiesen ist. Auch so geht Familie.

Diese Sorgearbeit leistet vorwiegend Carrie. Sie kümmert sich um seine Medikamente, das Essen, die Wäsche, darum, dass die Rechnungen rechtzeitig überwiesen werden – während ihr Gatte in der Garage mit seinen Freunden Sport schaut und Bier trinkt. Im Job muss Carrie ihrem Chef Bananen aufschneiden und Kaffee kochen.

Amit Ramkissoon

Bei alldem macht sie keine heldinnenhafte Figur. Sie ist weder großzügig noch geduldig noch empathisch. Carries Laune verschlechtert sich von Staffel zu Staffel, sie ist fies zu ArbeitskollegInnen und neidisch auf FreundInnen, wenn sie offenbar mehr Lebensqualität aus ähnlich schlecht bezahlten Jobs quetschen als sie und ihr Mann. Carrie ist schlichtweg sauer, führt sie doch praktisch noch immer ein Leben, wie es eine US-Amerikanerin in den 1950er-Jahren hatte. Nur mit dem Zusatz eines schlecht, aber immerhin bezahlten Jobs, mit dem sie inklusive Pendelns in die City mindestens 50 Stunden pro Woche beschäftigt ist. Nur eines muss sie nicht mehr, und dieses Recht nimmt sich Carrie: gute Miene zum bösen Spiel machen. (Beate Hausbichler, 30.5.2017)