Inoffizieller Wahlkampfstart über den Dächern Wiens: Neos-Chef Matthias Strolz präsentiert sein politisches Manifest in Buchform – Titel: "Mein neues Österreich – Heimat großer Chancen".

Foto: Jünnemann

Wien – Hängt sie höher! Wen? Na, die Freiheit. Sie ist ein Kernthema, mit dem Neos-Gründer und Parteichef Matthias Strolz "die nächste Stufe" der pinken Rakete zünden will. Die soll, wenn es nach ihm geht, die "Bürgerbewegung" nach fünf Jahren in die Regierung katapultieren. Wunschweise in eine schwarz-grün-pinke Dreierkoalition, aber auch mit der SPÖ wäre es "okay", hatte Strolz unlängst gesagt. Um dorthin zu gelangen, braucht es genug Schubkraft der Wählerinnen und Wähler, und die möchte Strolz auch mit seinem neuen Buch, das er am Mittwoch präsentierte, von sich und seiner Partei überzeugen.

Faire Chancengesellschaft

Das Ziel lautet: "freie Chancengesellschaft", in der jeder Mensch "sein eigenes Leben nach eigenem Maßstab leben kann". Das setze aber voraus, "dass wir die Freiheit wieder höher hängen", sagte Strolz, denn seine Gesellschaftsdiagnose lautet: "Das Land ist freiheitsmüde geworden."

Strolz zitiert im Buch den antiken Staatsmann Perikles: "Zum Glück brauchst du Freiheit, zur Freiheit brauchst du Mut." Ausgehend davon lässt sich der pinke Politikentwurf durchdeklinieren. Freiheit setzt die Fähigkeit zur Freiheit voraus. Sie ist kein Selbstläufer, sie meint Eigenverantwortung, und braucht Chancen, die genutzt werden können.

Demokratie braucht Bürger

Gegen die Freiheitsmüdigkeit will der Chef der Pinken im Wahlkampf ankämpfen – die passende Lektüre dazu hat er selbst verfasst. Und wenn ein Buch den Titel Mein neues Österreich – Heimat großer Chancen trägt, dann muss sich das "Ich" hinter dem "Mein" auch "greifbar machen", wie Strolz sagte. Er erzählt also seine 43 Lebensjahre als die Geschichte vieler Chancen, "die ich genutzt habe, tüchtig, wie Vorarlberger Bergbauernkinder sind", die er aber auch als "glückliches Privileg" in dem Sinne empfunden habe, dass es "Bürgerrechte" bzw. "Rechte des und der Einzelnen in unserem Gemeinwesen" seien, die eben nicht überall selbstverständlich seien. In seiner Diplomarbeit bedankte sich Strolz 1998 denn auch bei den "Bürgerinnen und Bürgern der Republik Österreich", die ihm durch Stipendien ein Studium ermöglicht hätten.

Die "charakterfeste Mitte"

Überhaupt setzt Strolz viel in die Bürgerinnen und Bürger: "Der wichtigste Job in einer Demokratie ist der des Bürgers und der Bürgerin." Sie geben die Richtung vor: "Das ist der Kern der Demokratie." Und da beansprucht Strolz selbstbewusst den Platz zwischen "Linkspopulismus und Rechtspopulismus": Wer Neos wähle, entscheide sich für die "charakterfeste Mitte", schreibt er im Buch.

Den angesprochenen Linkspopulismus sieht er zumindest "an jedem zweiten Tag ein bissl" bei SPÖ-Chef Bundeskanzler Christian Kern, den er ansonsten "eher wechselhaft" einordnet: "Ja, nein, ja, nein." Bei den Grünen wiederum sei "ein bisschen Linkspopulismus zu Hause". Ihnen bescheinigt der Neos-Chef "keine Veränderungskraft" und überdies würden sie den "Steigbügelhalter für SPÖ und ÖVP" abgeben wollen. Außerdem "verstehen sie nix von Wirtschaft" – darum "klare Abgrenzung zu den Grünen".

Atout Wirtschaft

Apropos Wirtschaft. In diesem Thema erkennt Strolz auch in der neuen türkisgefärbten Volkspartei unter dem designierten Parteichef Außenminister Sebastian Kurz eine offene Flanke, die die Neos im Wahlkampf angreifen wollen: "Wer kann Wirtschaft? Da landen sie unmittelbar bei Neos", sagte Strolz unter Verweis auf Kurz' gescheiterten Abwerbeversuch bei Neos-Mandatar Sepp Schellhorn, den der gern als Wirtschaftsminister ködern wollte.

Dass Kurz nun auch auf "Bewegung" macht und womöglich entscheidende Stimmen bei der Wahl kosten könnte, kontert der bürgerbewegte Neos-Gründer so: "Wenn andere uns imitieren, dann stärkt das das Original." Dieses "Original" setzt thematisch zum Beispiel auf den "Chancenmotor" Bildung, auf Jobs und Unternehmertum, aber auch "geregelten Zuzug" und den "Leuchtturm" Europa. (Lisa Nimmervoll, 31.5.2017)