In den nächsten Wochen wird sich Österreichs Innenpolitik auf ein Rollenspiel einlassen, bei dem ihr bis zur Selbstentäußerung gehende Verstellungskünste abverlangt werden: Sie wird so tun müssen, als wäre ihr Aufklärung ein echtes Anliegen. Praktischerweise kann das unter dem Namen "Eurofighter-Untersuchungsausschuss" ablaufende Unterwerfungsritual durch das Ausrufen des Safewords "Neuwahl!" sofort beendet werden, bevor es zu schmerzhaft wird.

Dem Vorhaben der Wahrheitsfindung sind also Grenzen gesetzt. Umso erfreulicher, dass die Suche nach der Wahrheit hierzulande Menschen auf den Plan ruft, von denen man es nicht erwartet hätte. Zum Beispiel Didi Mateschitz, der eine eigene Rechercheplattform mit dem nach Parodie klingenden, aber vermutlich nicht so gemeinten Namen "Quo vadis veritas?" gegründet hat. Chef des Projekts ist Ex-Presse-Chefredakteur Michael Fleischhacker, der dafür per Inserat "uneitle Aufdecker" sucht, was ähnlich wirkt, als würde Wolfgang Fellner nach "seriösen Journalisten" Ausschau halten. Deshalb wäre es auch kein Fehler, wenn die Nach-dem-Weg-der-Wahrheit-Frager bald ihre Ernsthaftigkeit mit dem Vorlegen erster Rechercheerfolge unter Beweis stellen könnten. Und dafür böte just das Thema Eurofighter ungeahnte Möglichkeiten. In seinem demnächst erscheinenden Buch "Der geplünderte Staat und seine Profiteure" berichtet der Investigativjournalist Ashwien Sankholkar unter anderem über eine 2006 von der für Gegengeschäfte zuständigen Briefkastenfirma Vector an Eurofighter-Hersteller EADS gestellte Rechnung über zehn Millionen Euro. Für diese Summe hätte Vector den Flugzeughersteller aus einer Sponsorverpflichtung gegenüber der Firma Red Bull befreit.

Abgesehen davon, dass zu diesem Zeitpunkt das gemeinte Sponsorprojekt zwischen EADS und Red Bull längst abgesagt war, sprechen zwei weitere, bislang unveröffentlichte Dokumente dagegen, dass Vector hier eine reale Leistung erbracht hat – ein Schreiben von Mateschitz an EADS von 2003, in dem er dezent andeutet, dass ihm die zuvor gebotene Unterstützung von 20 Millionen Euro ein wenig gering erscheint, sowie eine EADS-Aktennotiz, in der festgehalten wird: "Herr Mateschitz hat sichtbar nicht verdaut, dass EADS bei ihrer restriktiven Finanzierungszusage bleibt. Er brachte zum Ausdruck, dass er später doch mehr Geld von EADS erwartet. Von VW wurden 200 Millionen Euro zugesagt."

Bei der Eurofighter-Klage der Republik Österreich geht es unter anderem darum, Scheinrechnungen als solche zu enttarnen. Didi Mateschitz könnte dabei aktiv mithelfen, indem er im konkreten Fall bestätigt, dass die sierigen Pfennigfuchser von EADS sicher niemals für ein bereits abgesagtes Projekt zehn Millionen Euro gezahlt hätten, wenn sie zuvor schon statt einer Unterstützung von 200 Millionen gerade mal ein besseres Trinkgeld von 20 Millionen lockermachen wollten.

Also viel Stoff für die Spürhunde von "Quo vadis veritas?"! Und noch ein Recherchetipp: Den Exverbindungsmann des Bundesheeres zu EADS, Airchief Wolf, braucht ihr nicht lange suchen, der sitzt jetzt als General-Manager bei Red Bull im Haus! (Florian Scheuba, 31.5.2017)