Der 44-jährige Hubertus Heil soll SPD-Kandidat Martin Schulz ins Kanzleramt bringen.

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Die Betroffenheit im Willy-Brandt-Haus, erst recht bei SPD-Chef Martin Schulz, war groß, als Erwin Sellering (SPD) wegen einer Krebserkrankung seinen Rücktritt als Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern bekanntgab. Doch nach einem Moment des Schreckens erkannte Schulz offenbar, dass ihm dieser persönliche Schicksalsschlag politisch eine überraschende Möglichkeit bot.

Er nahm die personellen Verschiebungen nach dem Rücktritt zum Anlass, um die vielkritisierte Generalsekretärin Katarina Barley ins Familienministerium zu "versetzen", und holte sich nach drei verlorenen Landtagswahlen und vier Monate vor der Bundestagswahl kurzerhand einen neuen Generalsekretär ins verunsicherte Haus: Hubertus Heil (44).

Während Barley sich bei ihrem Amtsantritt 2015 erst einmal mit den Abläufen in der SPD-Zentrale vertraut machen musste und viele Mitarbeiter dort auch mit ihrem Namen nichts anzufangen wussten, kennt Heil das Willy-Brandt-Haus gut. Er war 2005 bis 2009, während der ersten großen Koalition, schon einmal Generalsekretär.

Und Heil ist auch kein Unbekannter, er gehört, obwohl er erst 44 Jahre alt ist, sozusagen zum Inventar der deutschen Sozialdemokraten. Er stammt aus Niedersachsen, der Heimat einiger mächtiger Sozialdemokraten (Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel).

Nach dem Studium der Politologie und Soziologie arbeitete er für SPD-Abgeordnete. 1998, mit 26 Jahren, zog er in den Bundestag ein. Seinen Wahlkreis Gifhorn/Peine hat der zweifache Vater seither immer direkt geholt. 1999 gründet er das "Netzwerk Berlin" mit, einen Zusammenschluss von jungen SPD-Abgeordneten, die sich zwischen Linken und Konservativen positionieren.

Von ihm stammt die legendäre Beschwerde über die Arbeitsverteilung in der ersten großen Koalition aus dem Jahr 2006: "Die Union entspannt sich auf dem Sonnendeck, während die SPD im Maschinenraum schwitzt. So kann eine große Koalition aber nicht funktionieren."

So mancher in der SPD sieht darin Parallelen zum jetzigen Bündnis und mag sich weitere mögliche Entwicklungen gar nicht vorstellen. Denn bei der Bundestagswahl im Jahr 2009, als Frank-Walter Steinmeier Spitzenkandidat der SPD und Heil als Generalsekretär für den Wahlkampf verantwortlich war, sackte die SPD auf das historisch schlechteste Ergebnis von 23 Prozent ab. Danach ging sie in Opposition. (Birgit Baumann, 31.5.2017)