Liberaldemokrat Tim Farron (links), Labour-Chef Jeremy Corbyn: Harte Attacken auf May beim britische TV-Duell.

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Cambridge/London – Die Themen soziale Gerechtigkeit, Brexit und Einwanderung erhitzen die Gemüter in Großbritannien kurz vor der Parlamentswahl am 8. Juni. Auch die Finanzierung des öffentlichen Dienstes und die innere Sicherheit standen im Fokus einer von der BBC am Mittwochabend ausgestrahlten TV-Debatte mit Vertretern der großen Parteien.

Dabei wurden vor allem die Sparpolitik der konservativen Regierung und die Abwesenheit von Premierministerin Theresa May kritisiert. Labour-Chef Jeremy Corbyn versprach eine Politik, die "der Masse, nicht den wenigen" dienen solle. Dazu gehörten auch höhere Steuern für die Reichen, um die restlichen 95 Prozent der Bevölkerung zu unterstützen und Geld für das Gesundheitswesen, Bildung und Erziehung aufzubringen.

Attacken gegen Sparpolitik

Zusammen mit den Vertretern der Liberaldemokraten, Tim Farron, der Grünen, Caroline Lucas, der Schottische Nationalpartei SNP, Angus Robertson, der walisischen Plaid Cymru, Leanne Wood und Paul Nuttall von der Ukip attackierte er vor allem die Sparpolitik der Torys. Einig waren sich die Oppositionsparteien auch, dass mehr Geld für die innere Sicherheit und die Polizei nötig sei – nicht zuletzt im Licht des Terroranschlags von Manchester. Schärfer als Corbyn kritisierten Lucas und Farron die Abwesenheit Mays. Farron stieg in die Debatte mit der Frage ein, wo May wohl sei ("Schauen Sie aus dem Fenster, vielleicht ist sie vor Ihrem Haus und lässt es für den Notverkauf schätzen") und beendete seinen Auftritt mit dem Hinweis, es wäre gescheiter gewesen, die Kochshow "Bake Off" zu schauen, da die Debatte in Abwesenheit der Regierungschefin kaum Erkenntnisse gebracht habe.

Liberal Democrats

Innenministerin Amber Rudd, die statt der Regierungschefin erschienen war, geriet zunehmend in die Defensive. Sie kritisierte Corbyns Sozialpläne als "Wunschliste für den Geldbaum" und betonte, May sei die Einzige, die in den bevorstehenden EU-Austrittsverhandlungen mit Brüssel das beste Ergebnis für Großbritannien erzielen könne. Corbyn entgegnete mit der Frage, ob Rudd "je in einem Sozialmarkt gewesen" sei, und beschrieb das Elend, das er bei seinen Besuchen dort wahrgenommen hatte.

Imajsa Claimant

In den meisten Umfragen liegen die Torys mit 43 bis 45 Prozent der Stimmen bis zu 12 Punkte vor Labour. Einer neuartigen Modellrechnung des Meinungsforschungsinstituts Yougov zufolge könnten die Torys jedoch ihre absolute Mehrheit der Sitze im Unterhaus einbüßen. In Stimmprozenten steht es dort 41 zu 38 Prozent für die Konservativen. (APA, red, 1.6.2017)