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werk moto guzzi
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werk moto guzzi

Das Wichtigste gleich vorweg: Die Moto Guzzi V7-III (dritte Generation) geht um einiges besser, als es ihr technisches Datenblatt vermuten lassen würde. 52 Pferdestärken sind nicht die Welt, grad einmal ein bissl mehr als acht Prozent über dem Leistungsniveau ihrer Vorgängerin, die auf den Namen V7-II hörte. Das maximale Drehmoment ist überhaupt gleich geblieben. Allerdings liegen charakterlich Welten zwischen den beiden Motoren: Während die mit 60 Newtonmeter bei der Römisch-Zwei schon bei rund 3.000 Touren angelegt waren, kommen diese bei der neuen Römisch-Drei erst bei fast 5.000 Umdrehungen zur Entfaltung.

Achtung, Blendgefahr!
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Man hat – zumindest subjektiv – das Gefühl, mit der Neuen mehr ausdrehen zu können (und zum Beispiel auch mehr Überholreserven zu haben) als mit der Alten. Objektiv bräuchte man sich wohl nur im Fahrstil umzustellen und früher oder später zu schalten. Wie auch immer: Der Murl der Dreier dreht erfreulich leicht hoch und hat immer noch Power. Dafür mag die Zweier zum schaltfaulen Cruisen besser geeignet gewesen sein. Jedenfalls glaubt man kaum, es nunmehr mit "nur" 52 versicherungs- und steuergünstigen PS zu tun zu haben.

Exklusive Kleinserie, in Österreich nur eine Handvoll verfügbar.
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Aber gehen wir zurück zum ersten Eindruck: dem optischen nämlich. Und der ist ziemlich gelungen. Bei der Abholung – und auch sonst bei sonnigem Wetter – empfiehlt sich das Tragen einer Sonnenbrille. Nicht nur, dass dieses Sondermodell zum 50. Geburtstag der V7-Reihe namens "Anniversario" blendend aussieht. Nein: Der verchromte Tank blendet im wahrsten Sinn des Wortes. Edel: Statt eines herkömmlichen Moto-Guzzi-Schriftzugs prangen hier traditionell links und rechts einfach nur zwei Adler, das legendäre Logo des Hauses aus Mandello del Lario am Comosee.

285 von 1.000: Exklusive Kleinserie

Exklusivität verrät nicht nur die Absenz von Lackfarbe, sondern auch der elegante braune Ledergurt über dem Tank, die gleichfarbige lederne Sitzbank (Achtung: vor Regen schützen!) und vor allem die auf die Lenkerklemmung gelaserte Seriennummer: Nummer 285 von bloß 1.000 produzierten Sondermodellen, stand auf unserem Motorrad, das bei einer ausgedehnten Testrunde durchs Weinviertel gute Figur machte.

Che bella figura!
werk moto guzzi

A propos gute Figur: Diese machte schon die Ur-Vau-Sieben aus dem Jahr 1967. Schon damals weckte sie Begierden mit ihrem feuerroten Tank, der im Kniebereich verchromt war – ebenso wie ihre große Schwester aus der Epoche, die California. Auch damals war die Formensprache eher klassisch als avantgardistisch, und schon 1967 mit an Bord: ein "quer" eingebauter V2-Motor mit Kardanantrieb, der freilich längs eingebaut ist, wenn man die Lage der Kurbelwelle zur Orientierung heranzieht.

Immer nur arbeiten muss nicht sein.
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Zunächst mit 704 Kubikzentimeter Hubraum, in folgenden Ausbaustufen dann bis ins Produktionsjahr 1974 mit bis zu 844 ccm, war die V7 nicht gerade ein Leistungswunder – auch heute nicht wirklich. Damals wie heute entschied man sich für einen Motor mit genug Kraft für alle (Not-)Lagen, doch in der Hauptsache ging es immer um ein Triebwerk, mit dem es sich vortrefflich cruisen lässt – heute sogar gemäß Abgasnorm Euro 4.

Für Guzzi geht es eindeutig bergauf, seit es die V7 gibt.
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Rein von den Abmessungen in puncto Radstand und Länge her müsste man meinen, dass sich Modell II nicht von Modell III unterscheidet: alles identisch auf den Millimeter. Und doch sitzt man auf einem wesentlich "erwachseneren" Motorrad. Die Formgebung und Platzierung der früher knie- und schienbeingefährdenden Zylinderköpfe wurde deutlich verbessert. Gänzlich neu – und sehr solide ausgeführt – ist die neue, minimal nach unten und hinten versetzte Fußrastenanlage.

Wenige Millimeter, große Auswirkung

In Summe machen wenige Millimeter Änderung in der Sitzgeometrie viel aus, sodass sich auch über 180 cm große Fahrer und -innen auf der V7-III wohlfühlen. Zu ihrem 50. Geburtstag ist die Guzzi endlich erwachsen – und dennoch für immer jung.

Bitte an den Regen denken.
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Wesentlich verbessert fühlt sich das aus der V9 – der etwas größeren Schwester – entlehnte Getriebe an. Es schaltet im Gegensatz zur V-I (erste Generation 2007–2012) nicht nur butterweich, sondern auch exakt. Wo man früher den ersten Gang oft nur mit ungeduldigem Nachdruck einlegen konnte und den Leerlauf oft gar nicht fand, ist dieses 6-Gang-Getriebe nun geradezu vorbildlich austariert.

Die Bremserei war schon in den vorigen Versionen I und II der Leistungsklasse entsprechend okay, jetzt – mit ABS – ist das nicht anders. Die Bremsen fühlen sich etwas schwammig an, wenn man beherzt zupacken muss, aber das geht in Ordnung, schließlich sind wir nicht Rossi, der Marquez ausbremsen muss, oder?

Geschmackssache: Manche stünden ja auf verfärbte Krümmer.
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Auf der anderen Seite der Kinetik, beim Antrieb, werkt ein zeitgemäßes ASR-System, das man in mehreren Stufen einstellen und auch (getrost) deaktivieren kann. Das geht auch im Betrieb ganz easy – im Vergleich zu früheren Jahrgängen. Einfach das passende Menü anwählen, Trocken – Nass – Aus ... voilà. Fahrwerksseitig gibt es einige Verbesserungen, vor allem bei den Federn. Hinten sind sie jetzt von guter Qualität und lassen sich einfach einstellen.

Veredelte Ausstattung

Im Vergleich zum Basismodell "Stone" des 17er-Jahrgangs besticht die "Anniversario" mit etlichen edlen Ausstattungsdetails, die den Mehrpreis von 2.000 Euro zumindest teilweise erklären. Da ist zuerst einmal die coole Chromoptik am Tank und auf den Kotflügeln. Chrom prägt auch die Auspuffanlage. Und damit diese nicht blau oder braun anläuft, ist sie im Krümmerbereich doppelwandig ausgelegt. So wird der Krümmer nicht ganz so heiß und behält seinen originalen Glanz. Edel. Und natürlich: Drahtspeichenräder statt solcher aus Alu.

Ideal platziert und von bester Verarbeitungsqualität: die Fußrasten.
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Auch sehr edel: die Sitzbank aus echtem Leder. Damit sie lange Zeit hält, sollte man sie am Stellplatz – vor allem, wenn Regen aufzieht (in unseren Breiten also eh jederzeit) – abdecken. Moto Guzzi hat da mitgedacht und unter dem Sitz eine kleine Persenning angebracht. Es geht ganz easy und schnell: Mit dem Zündschlüssel die Bankarretierung lösen, Plane drüber, Sitzbank wieder draufklacken, Fertig.

Fazit

Die Moto Guzzi V7 ist seit ihrer "Wiedergeburt" vor mittlerweile einem Jahrzehnt das wichtigste Modell des ligurischen Hauses. Statt auf überzüchtete Technik setzt man hier eher auf Understatement und behutsame Modellpolitik. Jedes Jahr gibt es da und dort Verbesserungen, aber im Wesentlichen bleibt die V7 vertraut und erkennbar.

Quer oder längs? Eine Glaubensfrage. Hauptsache V2!
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Die V7 ist und bleibt nicht nur der Bestseller von Moto Guzzi, sondern ist – obwohl sie das kleinste und schwächste Modell der Familie darstellt – das Flaggschiff des Hauses. Die in den vergangenen Jahren nicht immer schlüssige Modellpolitik wird schön langsam sehr klar sichtbar: V7, V9, California – jeweils in diversen Ausstattungslinien – und sonst nichts. Die göttliche Griso? Weg. Die coole Bellagio? Weg. Die mächtige Stelvio? Weg. Breva, Norge, Corsa? Weg, weg, weg.

Der gemeinsame Nenner bei Moto Guzzi ist Cruisen, darauf spezialisiert man sich. Erst will man sich hier solide aufstellen, dann können auch andere Modelle wieder nachkommen – hoffentlich. Ich schreib's ja immer wieder: Die Griso geht mir schon ab ... (Gianluca Wallisch, 14.6.2017)

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