Wolfgang Radlegger hat sich selbst ein Geburtstagsgeschenk gemacht: Exakt zu seinem 70. Geburtstag am 6. Mai präsentierte der ehemalige Landeshauptmannstellvertreter von Salzburg und SPÖ-Landesvorsitzende sein Buch über die Geschichte der Roma und Sinti. Über Jahre hinweg hat sich der nach der Politik zum Wüstenrot-Chef aufgestiegene Radlegger mit dem bis heute verfolgten Volk der Roma befasst.

Radlegger beschäftigt sich, beginnend mit den ersten Spuren der Roma in Europa 1322, vor allem mit ihrer permanenten Verfolgung bis hin zum Antiziganismus und zur NS-Rassenhygiene, die in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten führten. "Porajmos" – das Verschlingen – heißt die Massenvernichtung auf Romanes. Radlegger thematisiert auch Ausgrenzung, Gewalt und Unterdrückung in der Zweiten Republik. Der Anschlag auf die Roma-Siedlung von Oberwart mit vier Toten im Februar 1995 beispielsweise ist ja längst wieder aus dem Bewusstsein der Österreicher verschwunden.

Der Band hat aber noch eine zweite, ganz andere Ebene. Penibel zeichnet Radlegger die Auseinandersetzung in Salzburg um die Bettelverbote nach. Über mehrere Seiten kann man nachlesen, wie sich die Salzburger SPÖ – getrieben von regionalen Medien, der ÖVP, aber auch vom Rassismus der eigenen Klientel und der Funktionäre – zur Partei der Bettelverbote entwickelte. Er zieht eine bittere Bilanz: Wenn es um den eigenen Ekel vor der Armut auf der Straße gehe, kennen die SPÖ-Funktionäre kein Erbarmen, und wenn es um die "Zigeuner" geht, dann ist auch die von Salzburg unterzeichnete "Charta für den Schutz der Menschenrechte in der Stadt" nur ein wertloser Fetzen Papier. (Thomas Neuhold, 1.6.2017)