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Die Trophäe für den Scudetto konnte Gianluigi Buffon schon zur Genüge liebkosen, mit Juventus gewann der Torhüter zehn Meisterschaften, aber noch nie die Champions League.

Foto: AP/ Alessandro Di Marco

Cardiff/Turin – Der Konfettiregen war längst abgeebbt, die Tifosi hatten bereits den Heimweg angetreten und die Spieler die Meisterfeier unter die Dusche verlagert. Auf dem Rasen kickten die Kinder der Stars von Juventus Turin fröhlich auf ein Tor, gehütet von einem Idol. Gianluigi Buffon genoss das Treiben, um seinen Hals baumelte die Medaille – und hin und wieder ließ er sogar einen Ball passieren.

Diese Szenen, am vorvergangenen Sonntag nach dem sechsten Turiner Scudetto in Folge aufgezeichnet, passen zum Bild, das sich Italien vom "heiligen Gigi" macht, der für ein ganzes Land weit mehr als ein Weltklassetorhüter ist. Jedenfalls zeugten sie auch von der Leidenschaft, die Buffon im Alter von 39 Jahren noch immer ausstrahlt.

Warum der Toskaner nicht schon längst das Leben in seiner Heimatstadt Carrara genießt und sogar noch die WM in Russland spielen will, erklärte Buffon jüngst in einem Interview mit dem "Kicker". Der Henkelpokal, die Trophäe für den Gewinn der Champions League, fehle ihm noch im Lebenslauf.

Verliebtes Zwinkern

"Ich habe ihn lieb und zwinkere ihm zu, denn er treibt mich an, mich weiterhin täglich zu motivieren und infrage zu stellen", sagte Buffon. "Hätte ich schon alle möglichen Pokale gewonnen, wäre ich vor Langeweile längst berufsmüde." Am Samstag bekommt Buffon in Cardiff gegen Real Madrid seine dritte Chance auf den Triumph in der Königsklasse. 14 Jahre liegt sein erster Versuch zurück – in Manchester unterlag er mit Juve, der er selbst nach dem Zwangsabstieg 2006 treu blieb, im Elfmeterschießen dem AC Milan. 2015 war der FC Barcelona für Juve zu stark.

"Das Leben ist schön, denn vor zwei Jahren jeder dachte, dass es meine letzte Chance war, die Champions League zu gewinnen", sagte Buffon, nachdem er – mit routinierter Hilfe seiner Vorderleute Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini – im Halbfinale die Offensive des AS Monaco entzaubert hatte. Im Viertelfinale war Buffon in beiden Spielen gegen Barca ohne Gegentor geblieben. Nur dreimal musste der Welttorhüter der Jahre 2003, 2004, 2006 und 2007 in elf CL-Spielen in dieser Saison hinter sich greifen.

Zidanes Schwarm

In den wichtigen Spielen "ist Gigi immer noch der Beste der Welt", sagte sein Trainer Massimiliano Allegri, und auch Zinédine Zidane geriet ins Schwärmen. "Er ist ein geborener Anführer", sagte Reals Meistermacher: "Er hat sich immer um seine Mitspieler gekümmert, das zeigt, welcher Mensch er ist, neben dem großartigen Torwart und Kapitän." Fünf Saisonen lang ließ sich Zidane von Buffon aufs Feld führen.

Kein Geheimnis macht Buffon im "Kicker"-Gespräch aus seiner Depression, die ihn jahrelang belastete: "Ich entdeckte mich fragiler, als ich glaubte." Auch aus seinem geschäftlichen Fehlgriff – er verlor 20 Millionen Euro, die er in einen von der Pleite bedrohten Textilhersteller investiert hatte, angeblich auch, um tausenden italienischen Arbeitern den Job zu retten. Diese Erfahrung habe ihm gezeigt, dass er ein Herz habe, "und diese Erkenntnis war unbezahlbar".

Längst kein Thema mehr ist Buffons angebliche Wettleidenschaft. Und dass der Vater dreier Kinder seiner, nun ja, Vaterlandsliebe zuweilen exzessiv und manchmal auch missverständlich Ausdruck verleiht, wurde ihm in Italien ohnehin nie wirklich angekreidet. Ins Bild der Tifosi passt auch der Capitano mit seiner immer noch kindlichen Freude am Spiel. Und fast müssten sie sich wünschen, dass er auch sein drittes Champions-League-Finale verliert. Dann stehen schließlich die Chancen nicht schlecht, dass Buffon auch noch über den Sommer 2018 hinaus für Juventus und Italien um das Verhindern von Toren bemüht ist. (sid, red, 1.6.2017)