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Die Rückkehr der Wölfe nach Österreich bedeutet auch, dass man Nutztiere wie Schafe besser schützen muss.

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Im Bild: eine Wolfssichtung in den Hohen Tauern.

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Wien – Es ist kein Zufall, dass sich Österreichs erstes Wolfsrudel gerade in Allentsteig in Niederösterreich niedergelassen hat. Der Truppenübungsplatz bietet ein großes Nahrungsangebot und vergleichsweise geringe Störungen durch den Menschen. Für Georg Rauer, dem Wolfsbeauftragten für Österreich, ist es ein "toller Platz für Wölfe". Auch in Deutschland habe sich das erste Rudel auf einem ähnlichen militärischen Gelände in Sachsen angesiedelt.

Die Wölfe des Allentsteiger Rudels sind allerdings nicht die ersten Tiere, die Österreich gesehen hat, seitdem der der Überlieferung nach letzte Wolf im Jahr 1882 im Wechselgebiet geschossen wurde. Vereinzelt gab es bereits in den vergangenen Jahrzehnten Sichtungen und auch mehrere Abschüsse, berichtet Rauer. Doch ab 2009 nahm die Zahl der Nachweise von einzelnen Wölfen schlagartig zu. Schließlich ließen sich zwei der Tiere in Allentsteig nieder und paarten sich.

Erste Tiere wanderten in den frühen 90ern ein

Die Wölfe kommen über Italien, Slowenien oder die Schweiz nach Österreich, ebenso über Tschechien, die Slowakei und Ungarn. Die ersten Tiere sollen in den frühen 1990er-Jahren aus dem Apennin in die Alpen ausgewandert sein. Der Grund für das Wiederauftauchen sieht Rauer, dessen Posten am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien angesiedelt ist, in neuen Unterschutzstellungen und strengeren jagdlichen Regulierungen. Der Bestand in Deutschland soll laut Rauer bereits bei etwa 50 Rudeln liegen.

Mit der Rückkehr der Wölfe tauchen auch immer wieder Meldungen über gerissene Schafe und andere Nutztiere auf. Im Jahr 2015 gab es in Österreich immerhin 150 Entschädigungen für Tiere, die mutmaßlich durch Wölfe umgekommen sind. Wobei die Schadensfälle aber nicht einfach von der Menge der Wölfe ableitbar sind, so Rauer: "Es hängt vom einzelnen Tier und dessen Wanderbewegungen ab. Einmal kann ein einzelnes Tier große Schäden anrichten, dann kommt es trotz Anwesenheit mehrerer Individuen wieder kaum zu Vorfällen." Ist der Wolf auch für den Menschen eine Gefahr? Er hat zumindest theoretisch das Potenzial, gefährlich zu werden, sagt Rauer. In Europa mit seinen etwa 10.000 Wölfen gibt es aber schon längere Zeit keine Vorfälle.

Herdenschutz

Wie soll es nun also mit den in Österreich vor Bejagung geschützten Wölfen weitergehen? Welche Optionen stehen zur Verfügung, um auf die Gefahren für das Weidevieh zu reagieren? "Als Erstes sollten entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden, Zäune errichtet und aufgerüstet werden", sagt Rauer. "Im Almbereich ohne Zäune besteht die Möglichkeit, mit Herdenschutzhunden zu arbeiten." Die Praxis, wonach sich etwa eine große Anzahl von Schafen über ein großes Almgebiet frei verteilen kann, wäre damit vorbei.

Derartige, doch recht aufwendige, Umstellungen gehen nicht von einem Tag auf den anderen. Zudem bedürfe es rechtlicher Adaptierungen. Für die Nutzung von Herdenschutzhunden ist etwa eine Anpassung des Tierschutzgesetzes notwendig. Eine neuerliche Bejagung der Wölfe, wie Landwirte und Jäger vorschlagen, schließt Rauer nicht aus. "Entnahmen sind möglich. Bevor die Tiere aber beschossen werden, müssen alle gelinderen Mittel ausgeschöpft werden." Dass man die Wölfe auf einzelne Gebiete beschränkt und das restliche Land "wolffrei" halte, sei aber schon aufgrund der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der EU nicht möglich, die auf die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in Europa abzielt.

Vorbild Deutschland

Auch in Deutschland mit seiner vergleichsweise großen Wolfspopulation gebe es viele Stimmen, die Probleme aufzeigen. Dort gibt es aber inzwischen entsprechende Regelungen: Schäden werden nur ersetzt, wenn ein Grundmaß an präventiven Herdenschutzmaßnahmen, die gleichzeitig finanziell gefördert werden, umgesetzt sind, erklärt Rauer. Dort sei mittlerweile ein deutlicher Rückgang der Schäden zu verzeichnen. Nur wenn sich die Population wieder in neue Gebiete ausbreitet, kommt es zu Problemen, bis sich die Sache eingespielt hat.

Die ökologischen Einflüsse einer wachsenden Wolfspopulation seien in einer komplexen, von Menschen beeinflussten Kulturlandschaft schwer abzuschätzen, sagt der Wolfsbeauftragte. Wölfe reißen vor allem kranke, alte und geschwächte Beutetiere. Sie sind ein Sterblichkeitsfaktor wie etwa der Straßenverkehr, sagt Rauer. "Mit dem, was in Österreich über den Haufen gefahren wird, könnte man leicht eine Wolfspopulation ernähren."

Wie viele Wölfe Österreich letztendlich vertragen kann, wird sich weisen. Für Rauer ist klar, dass die Tiere zum Alpenland gehören. "Der Wolf ist Teil der natürlichen Artenausstattung und war bis vor 150 Jahren heimisch. Wenn man die Natur als Ganzes schützen will, gehört er auch dazu." (Alois Pumhösel, 8.6.2017)