In New York setzte diese Frau einen Notruf für die Erde ab: Der US-Präsident hatte zuvor den Ausstieg aus dem Paris-Abkommen verkündet.

Foto: AFP / Jewel Samad

Es ist nicht so, dass Donald Trump der erste amerikanische Präsident wäre, der sich schwertut mit dem Klimawandel. Schon George W. Bush übernahm das unsinnige Argument, wonach internationale Klima-Abmachungen der eigenen Wirtschaft schadeten, obwohl sie in Wahrheit die Modernisierung derselben fördern. Selbst Barack Obama brauchte eine Weile, ehe er mitreißender Rhetorik zum Thema Erderwärmung politische Taten folgen ließ. Bevor er den Pariser Gipfel zu einem Erfolg werden ließ, indem er maßgeblich dazu beitrug, die zögernden Chinesen ins Boot zu holen, spielte er auf einem anderen, in Kopenhagen, eher die Rolle des Bremsers.

Was Trump indes von all seinen Vorgängern unterscheidet, die seit 1945 im Oval Office residieren, ist ein unglaublich engstirniger Blick auf den Planeten. Der funktioniert in seinen Augen strikt nach dem Prinzip des Nullsummenspiels. Vorteile für den einen gehen zwangsläufig auf Kosten des anderen – als wäre es naiv, an die gerade im optimistischen Amerika früher so häufig beschworene Win-win-Situation zu glauben. Sieger oder Verlierer, dazwischen gibt es nichts. Wer sich noch Illusionen machte über angeblich aufgeklärte Strategen im Stab des Weißen Hauses, wurde dieser Tage eines Besseren belehrt. Die Welt, schrieben Herbert Raymond McMaster und Gary Cohn im Wall Street Journal, sei keine globale Gemeinschaft; vielmehr sei sie eine Arena, in der Nationen, nichtstaatliche Akteure und Unternehmen konkurrieren, um für sich selbst das jeweils Beste herauszuholen. Der eine ist Sicherheitsberater, der andere für Wirtschaftsfragen zuständig.

Wohlgemerkt, die Rede ist von zwei Beratern, die mancher europäische Besucher, sich an jeden Hoffnungsstrohhalm klammernd, bisher immer dem Kreis der Internationalisten in der Regierungszentrale zurechnete.

Das Weltgeschehen als Nullsummenspiel: Der Ansatz hat Trump letztlich zum Ausstieg aus dem Klimaschutzdeal bewogen. Damit bricht er mit der Tradition einer Denkschule, von der Amerika in den vergangenen siebzig Jahren enorm profitierte – dies ist die eigentliche Zäsur. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben US-Präsidenten den nationalen Vorteil nie egomanisch eng definiert, sondern fast immer mit dem "big picture" im Blick. Wer von der Stabilität internationaler Beziehungen profitieren will, muss in sie investieren. Das kostet Geld, ist aber billiger als jede denkbare Alternative. Es paarte sich, je nachdem, wer gerade im Oval Office saß, mit dem Grundsatz, dass die weiche Macht der Werte oft mehr bewirkt als die harte, militärische.

Mit der Mentalität eines Buchhalters hat Trump mit der Tradition aufgeklärten Denkens gebrochen. Einstweilen sind es die populistischen Nationalisten, angeführt vom Chefideologen Steve Bannon, die sich durchgesetzt haben. Man vertrete die Interessen Pittsburghs, nicht die von Paris, lautet die griffige Zeile dazu.

Trump'sche Erbsenzählerei

Trump kleidet seine Erbsenzählerei in Thesen, die auch ökonomisch nicht den geringsten Sinn ergeben, jedenfalls nicht für die USA als Ganzes. Für ihn dreht sich alles um den Rostgürtel der Old Economy, als gäbe es nicht auch Kalifornien mit seinen völlig anders gelagerten Interessen und seiner wirtschaftlich größeren Macht. Nun haben ihn die Wähler im Rust Belt die Wahl gewinnen lassen, während ihm Kalifornien die kalte Schulter zeigte. Trump belohnt Loyalität, während er Widerspruch bestraft. Er bedient allein seine politische Basis, egal, was es für den Rest bedeutet.

Tatsächlich beschäftigt die Solarenergie inzwischen mehr als doppelt so viele Menschen wie die Kohlebergwerke. Wenn es eine Wachstumsbranche gibt, dann sind es erneuerbare Energien. Kalifornien – für sich genommen die sechstgrößte Volkswirtschaft – hat beschlossen, die Emission von Treibhausgasen bis 2030 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu senken, woran sich nichts ändern dürfte. Und dann ist da noch diese Allianz dutzender US-Kommunen, die trotz Trumps Ausstieg an den Zielen des Pariser Abkommens festhalten wollen. (Frank Herrmann aus Washington, 2.6.2017)