Der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden kam mit dem Fahrrad zum Prozessauftakt am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beitrag zur Untreue vor. Er beteuert seine Unschuld.

Foto: APA/FRANZ NEUMAYR

Die ehemalige Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber ist bereits zum dritten Mal wegen der Finanzcausa vor Gericht. Sie ist geständig im Sinne der Anklage.

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Salzburg – Es sei "kein leichter Morgen heut", sagte der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden, als er am Dienstagmorgen mit dem Fahrrad beim Ersatzquartier des Landesgerichts Salzburg ankam. Der Medienandrang ist groß beim Auftakt zum Prozess eines weiteren kleinen Teilbereichs des Salzburger Finanzskandals. Erstmals sitzen neben der ehemaligen Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber, die bereits zum dritten Mal vor Gericht steht, auch Politiker auf der Anklagebank. Dem Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), dem ehemaligen Finanzlandesrat Othmar Raus (SPÖ) und mehreren Beamten wird vonseiten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft der Beitrag zur Untreue vorgeworfen.

"Die Geschichte ist im Kern ganz einfach", erklärte Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic in seinem Eröffnungsplädoyer. Der Sachverhalt lasse sich auf drei Worte reduzieren: "Verzockt, verschoben, vertuscht." Das Land Salzburg habe im Jahr 2007 sechs negativ bewertete Zinsswaps von der Stadt übernommen. Dabei sei ein Schaden von 4,9 Millionen Euro entstanden. "Das Land hat eigentlich fünf Millionen Euro an die Stadt verschenkt. Eine Gegenleistung war, geradezu 'part of the game', nicht zu bezahlen", betonte der Staatsanwalt. Bei einem Gespräch zwischen Schaden und Raus sei laut Anklage der Swap-Deal vereinbart worden.

Vertuscht mit Sprachregelung

"Schon während der Übertragung war ihnen bewusst, dass das strafbar ist, deshalb wurden die wahren Motive auch den Banken gegenüber verschwiegen", sagte Adamovic. Es gebe keinen schriftlichen Vertrag, keine schriftliche Verfügung, und auch der Gemeinderat sei sehr unzureichend informiert worden, betonte der Staatsanwalt. Diesem sei erst im Dezember in einem Amtsbericht untergeschoben worden, dass die Derivate ohne Verlust aufgelöst wurden. "Die Übertragung an das Land ist ganz bewusst nicht erwähnt worden", sagte Adamovic. Es sei per E-Mail sogar eine eigene Sprachregelung vereinbart worden, wenn Nachfragen zu den Swaps gestellt werden würden.

Der Oberstaatsanwalt gab in seinem Plädoyer noch einen Crashkurs zum Delikt der Untreue und zu Zinsswaps, um die Schöffen für den Prozess zu rüsten. Er betonte, so kompliziert, wie die Verteidiger das darzustellen versuchen, sei die Sache nicht.

Rathgeber geständig

Rathgebers Verteidiger Thomas Payer fasste sich kurz: "Meine Mandantin ist geständig im Sinne der Anklage." Ihr und ihrem Mitarbeiter wird das Delikt der Untreue vorgeworfen. Rathgeber werde sich nicht an den gegenseitigen Beschuldigungen beteiligen, betonte Payer. Sie habe in einer untergeordneten Rolle mitgewirkt und hatte Kenntnis des negativen Barwerts der Derivate. Die Übertragung habe sie auf Weisung ihres Abteilungsleiters Eduard Paulus mitunterzeichnet. Vorangegangen sei dem eine politische Einigung im Vorfeld. Die vonseiten der Stadt ins Treffen geführten Klagen von Banken hätten dazu gedient, das Land unter Druck zu setzen.

Schaden Anwalt: Kein politischer Deal

Die übrigen Verteidiger beteuerten vor dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Anna-Sophia Geisselhofer die Unschuld ihrer Mandanten. "Es gab keine politische Vereinbarung", betonte Schadens Anwalt, Walter Müller. Der Bürgermeister sei am 11. September informiert worden, dass das Land die Derivate übernehme, das habe er unterschrieben. "Rathgeber ist nervös geworden, weil die Stadt eine rechtliche Auseinandersetzung mit Banken überlegte", sagte Müller. Sie habe befürchtet, dass mediales Aufsehen auch zu Nachfragen zu den Finanzgeschäften des Landes geführt hätte. "Es gab keine Vertuschungshandlungen", betonte Müller. Auch für einen Schädigungsvorsatz gebe es keine Anhaltspunkte. "Dann gibt es auch keinen Beitrag zu strafbaren Handlungen."

Raus Anwalt Gerald Ruhri stellte die Objektivität der Staatsanwaltschaft infrage. Es sei nur belastendes Material in der Anklage, entlastendes sei weggelassen worden. Etwa eine E-Mail, die zeige, dass es bei einer Besprechung um eine Kletterhalle ging und nicht vordergründig um die Swaps. Zudem habe sein Mandant keinen PC im Büro gehabt. Mit einem Tonbanddiktiergerät habe er Dinge zum Abtippen an seine Sekretärin gegeben. Den E-Mail-Verkehr habe er also nicht verfolgt.

Gutachterzweifel und Platzproblem

Bereits vor der Aufnahme der Personalien der Angeklagten gab es einen Antrag von Verteidiger Stefan Eder, den Gutachter Christian Imo nicht an der Verhandlung teilnehmen zu lassen. Dieser habe für die Staatsanwaltschaft ein Gutachten geschrieben, für das er als Anwalt nicht qualifiziert sei. Zudem habe er sehr einseitig Beweise aufgenommen. "Er ist ein Erfüllungsgehilfe der Staatsanwaltschaft", betonter Eder. Seinem Antrag, Imo als Gutachter abzulehnen, schlossen sich zwei weitere Verteidiger an. Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Geisselhofer wies den Antrag ab. Auch die Beiziehung eines Privatgutachters wurde abgelehnt. Eder rügte diese Entscheidung als rechtswidrig.

Die beengten Raumverhältnisse des Ausweichquartiers des Landesgerichts in der Weiserhofstraße führen dazu, dass sich der Schöffensenat nicht zur Beratung von Anträgen zurückziehen kann. Deshalb müssen alle übrigen Verhandlungsteilnehmer regelmäßig den Saal verlassen. Der Prozess ist auf 19 Tage bis zum 28. Juli anberaumt. Am Mittwoch soll mit der Einvernahme der Angeklagten begonnen werden.

Vorgezogene Wahl bei Verurteilung

Der Prozess steht besonders im öffentlichen Interesse, da er auch ein politisches Nachspiel nach sich ziehen kann. Wird Bürgermeister Schaden verurteilt – wenn auch vorerst einmal nicht rechtskräftig –, wird er wohl sein Amt zur Verfügung stellen. Dann kommen auf die Stadt-Salzburger vorgezogene Bürgermeisterneuwahlen zu.

Schaden selbst hat die Anschuldigung stets zurückgewiesen und betont, das Geschäft sei auf Betreiben des Landes zustande gekommen. Auch Absprachen zwischen ihm und dem damaligen Finanzreferenten des Landes, Othmar Raus, habe es nie gegeben. Schaden hat im bisherigen Ermittlungsverfahren die Aussage verweigert. Mit seinem Pressesprecher und seinem Anwalt hat er jedoch vor der Verhandlung ein Pressegespräch gegeben. (Stefanie Ruep, 6.6.2017)