Man musste das Hausbesorgergesetz abschaffen, weil "die Entlohnung vollkommen falsch war", sagt die ÖVP-Nationalratsabgeordnete Brigitte Jank (Mitte). Man hätte es auch reformieren können, antwortete Staatssekretärin Muna Duzdar (re.). Gerfried Sperl moderierte.

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Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) trauert dem alten Hausbesorger nach. Nationalratsabgeordnete Brigitte Jank (ÖVP) verteidigt das aktuelle Modell. Was heute ein Hausbetreuer braucht, darüber sind sie sich einig.

STANDARD: Frau Staatssekretärin, die SPÖ ist ja auch eine Mieterpartei. Wie sieht man in der Sozialdemokratie den Hausbetreuer, eher als Putztrupp oder als Mediator?

Duzdar: Hausbetreuung spielt eine wesentliche Rolle, auch eine integrative. Es geht darum, eine Ansprechperson vor Ort zu haben. Es geht um weit mehr als um Reinigung und um Putzen, sondern darum, eine Gemeinschaft zusammenzuhalten. Das war deshalb auch ein schwerer Schlag für uns, als im Jahr 2000 das Hausbesorgergesetz abgeschafft wurde. Der Wunsch nach Hausbesorgern ist immer noch stark vorhanden, bei der Volksbefragung in Wien haben sich 2010 mehr als 80 Prozent dafür ausgesprochen.

Jank: Auch in meiner Partei stehen wir für ein gedeihliches und wertschätzendes Miteinander. Wertschätzung heißt, dass man den anderen auch dann wertschätzend behandelt, wenn er vielleicht etwas Unangenehmes getan hat. Aber die Abschaffung des Hausbesorgergesetzes ist deshalb passiert, weil die Entlohnung vollkommen falsch war und es keine Möglichkeit gab, sie richtigzustellen. Entlohnt wurde nicht nach dem Aufwand der Arbeit, sondern nach der Größe der Wohnungen eines Hauses. Das hat dazu geführt, dass ein Hausbesorger in einem Haus mit riesigen Wohnungen und einem kleinen Stiegenhaus sehr schön verdient hat. Einer in einer großen Anlage mit langen Gängen hatte viel Bedarf, zu reinigen, verdiente aber schlecht.

Duzdar: Es hätte nichts dagegengesprochen, das Hausbesorgergesetz zu reformieren. Der Punkt ist, dass man es abgeschafft hat. Diese Institution des Hausbesorgers hat dann einfach nicht mehr existiert, das war das große Problem. Wenn in Wohnblöcken zum Beispiel viele Leute einen unterschiedlichen ethnischen Background haben, geht es darum, dass sie nicht nur nebeneinander, sondern miteinander wohnen. Eine integrative Person im Haus zu haben ist wichtig. Ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, es gab im Hausbesorgergesetz vielleicht auch Dinge, die nicht so in Ordnung waren. Aber diese hätte man auch adaptieren können.

Jank: Das war genau der Knackpunkt, den man nicht lösen konnte. Ich habe das auch aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit mitbekommen. Die Institution ist zwar dem Begriff nach abgeschafft worden, aber nicht notwendigerweise verlorengegangen. Wir haben nach wie vor Leute, die im Haus wohnen und auch die Betreuung übernehmen, aber nicht mehr nach den Regeln des Hausbesorgergesetzes, sondern nach den sonstigen Regelungen, und es funktioniert bestens.

STANDARD: Wohnanlagen sind auch so etwas wie Dörfer in der Stadt, mit allen Vorteilen und Nachteilen. Da sind Lärm, Gerüche und verschiedene Lebensstile. Eine Studie von Heidrun Feigelfeld und Joachim Brech über Wohnanlagen der Sozialbau hat gezeigt, dass die Mischung von je 50 Prozent Österreichern und Migranten ein integrativer Erfolg ist, trotz mancher Konflikte. Was lernen Sie daraus?

Jank: Ich glaube Ihnen das. Generell gilt, dass sich vieles leicht an Runden Tischen spricht. Ein gutes Zusammenleben bedarf oft sehr vieler Gespräche und des Langmuts der Liegenschaftsverwalter. Es gibt gewisse Probleme, die es immer und immer wieder zu besprechen gilt. Man muss sich als Hausverwaltung auf den Kunden einstellen. Wenn zwei Kunden aber nicht mehr miteinander können, braucht es eine Begleitung. Das ist auch eine Frage der Ressourcen. Diese Manpower muss man investieren. Möglicherweise sind dafür Nachjustierungen gesetzlicher Regelungen notwendig. Man muss sich anschauen, ob man eine solche weitere Mieterbetreuung in den mietrechtlichen Regelungen, im Betriebskostenkatalog, verankert.

STANDARD: Frau Staatssekretärin, die Studie zeigt, dass die Konflikte zwischen Österreichern und Migranten in den Wohnanlagen eine geringere Rolle als in der öffentlichen Wahrnehmung spielen. Was sind für Sie die Gründe?

Duzdar: Die Rolle der Medien ist sehr bedeutend. Wenn Menschen in einer Wohnanlage zusammenleben, ist es nachrangig, woher sie kommen und welche Erfahrungen sie in ihren Heimatländern gemacht haben. Ich habe eineinhalb Jahre in Frankreich gelebt und als Fremdsprachenassistentin in den Vororten von Paris unterrichtet. Ich habe genau erlebt, was passiert, wenn Menschen wirklich am Rande der Gesellschaft stehen. Wenn jemand sagt, wir hätten Ghettos bei uns, hat er noch nie wirkliche Ghettos gesehen. In einer Gesellschaft, in der es einen sozialen Ausgleich gibt, haben wir auch weniger Leute, die sich über Konflikte identifizieren und für die der Nationalismus so wichtig wird. Daher finde ich, dass die Frage der sozialen Gerechtigkeit sehr wohl damit zusammenhängt, dass es gut funktioniert.

STANDARD: Frau Jank, Sie waren als Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien etliche Jahre auch zuständig für Fachhochschulen. Sollte man Fächer wie Mediation und kulturelles Verstehen dort forcieren?

Jank: Das sind wesentliche Kompetenzen, die wir generell in der Wirtschaft brauchen, nicht nur beim Wohnen. Wir brauchen auch die Kompetenz, zu wissen, wie man mit Menschen umgeht, die ihre Heimat verlassen haben. Diese Menschen bleiben trotzdem dort verwurzelt, wo sie geboren sind und wo vielfach auch noch die Familie lebt. Ich habe, als ich noch sehr jung war, die Gastarbeiterbewegung voll miterlebt – wie die Jugoslawen und die Türken gekommen sind. Diese Menschen sind in ihrem Herzen trotzdem Jugoslawen und Türken geblieben. Das muss man mitdenken und wissen, um auch das Verständnis dafür zu entwickeln. Das haben wir nicht notwendigerweise. Wenn da und dort ein Spannungsfeld aufgeht und jemand findet, er sei nicht richtig behandelt worden, braucht es Liegenschaftsbetreuer mit einem Gefühl und einem Gespür, damit umgehen zu können.(Zusammenfassung: Lukas Kapeller, 7.6.2017)