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Mallorca wird von 150 Sandstränden gesäumt. Teilweise müssen sie künstlich angelegt werden, da sie sich nicht mehr natürlich regenerieren.

Foto: REUTERS/Enrique Calvo

Das Sprichwort, etwas gebe es "wie Sand am Meer", ist zumindest für Mallorca nicht mehr zeitgemäß. Der Rohstoff Sand wird immer seltener, vor allem am Strand. Der Klimawandel lässt den Wasserstand steigen und Sandstrände überfluten. Und die Bebauung der Küste mit Hotels, Strandpromenaden oder Hafenanlagen unterbricht weltweit die natürliche Regenerierung von Sandstränden. Die bleiben nur erhalten, wenn im Hinterland Dünen und Strandvegetation für Nachschub und Befestigung sorgen. So ist es nicht verwunderlich, dass auf einer Insel wie Mallorca, wo mehr als 150 Sandstrände zu finden sind, Sand importiert wird.

Eine Lieferung von Wüstensand aus der Westsahara sorgt seit Ende Mai für Aufregung und Kritik. Die Bewohner des Gebiets an der nordafrikanischen Atlantikküste, die Sahrauis, sprechen von Plünderung und beklagen immer wieder, dass marokkanische Unternehmen mit den Rohstoffen und Naturressourcen des rund 260.000 Quadratkilometer großen Landstrichs Geschäfte machen würden.

Aktivisten protestieren

Dazu gehören neben Sand vor allem Phosphat, Datteln und Fisch. Die Region wurde in den 1970er-Jahren von Marokko teilweise annektiert. Bis 1976 war sie spanische Kolonie. Bis heute spaltet das Thema Westsahara die spanische Bevölkerung: Viele Menschen fordern von den eigenen Entscheidungsträgern Wiedergutmachung und eine aktivere Rolle bei der Unterstützung der Sahrauis. Diese kämpfen seit mehr als 40 Jahren für ein eigenes Staatsgebiet.

Ein Unterstützerkreis der Sahrauis auf Mallorca hatte die Öffentlichkeit über die Lieferung informiert und Anzeige erstattet. "Sand, an dem Blut klebt", nannte ein Sprecher der NGO Associació d'Amics del Poble Sahrauí de les Illes Balears die Fracht. Die Aktivisten protestierten im Hafen von Mallorcas Hauptstadt Palma gegen die Lieferung. Sie war für einen von 24 Golfplätzen auf der Mittelmeerinsel bestimmt, den T-Club Poniente im Südwesten. Die rund 4300 Kubikmeter Sand sollten für Bauarbeiten und zur Gestaltung der Anlage benutzt werden.

Zunächst schienen die Frachtpapiere in Ordnung zu sein, und die Ladung wurde gelöscht. Doch auf Druck der linken Regionalregierung wurde das Vorhaben nun gestoppt. Offensichtlich hatte der Golfplatz gar keine Baugenehmigung.

Die Gemeinde Calvià hat jetzt eine Frist von zwei Monaten erhoben, in der der Betreiber einen entsprechenden Antrag stellen und genehmigen lassen muss. Auf regionaler Ebene kann das Geschäft mit Rohstoffen letztlich nicht gestoppt werden. Die konservative Zentralregierung in Madrid ist dafür zuständig. Diese ist in der Angelegenheit Westsahara aber passiv, auch weil sie die Beziehungen zum Nachbarland Marokko nicht belasten will.

UN fordert Referendum

Völkerrechtlich, moralisch und umwelttechnisch ist der Handel mit Sand aus der Westsahara bedenklich, handelsrechtlich ist er illegal. Er verstößt sowohl gegen europäisches wie gegen internationales Recht. Der Europäische Gerichtshof hat erst Ende 2016 geurteilt, dass das Handelsabkommen zwischen Europa und Marokko nicht das annektierte Gebiet betreffe. Das heißt, marokkanische und europäische Unternehmer dürfen nicht mit Waren aus der Westsahara handeln.

Die Vereinten Nationen wiederum erkennen weder die Annektion in den 1970er-Jahren noch die von den Sahrauis ausgerufene Demokratische Arabische Republik Sahara an. Sie fordern seit langem ein Referendum zur Westsahara. Bis dahin stehen das Volk und das Gebiet unter Uno-Schutz.

Der Vorfall auf Mallorca ist nicht der erste. Wie die NGO Western Sahara Resource Watch (WSRW) in Madrid mitteilt, würden derzeit Frachter mit Ladungen aus der Westsahara in Häfen in Südafrika, vor den Kanaren oder in Nordfrankreich festliegen, weil sie gegen Handels- und Völkerrecht verstoßen. "Die Uno hat ausdrücklich bestimmt, dass ein Handel mit den Ressourcen der Westsahara nur dann legal ist, wenn das sahrauische Volk am Gewinn beteiligt wird", sagt ein Sprecher.

Besonders eklatant sind die Zustände auf den Kanarischen Inseln. Sie liegen westlich der nordafrikanischen Küste. Auch dort macht sich der Klimawandel bemerkbar. Sand ist ein teures Gut geworden. Regionale Unternehmer haben sich deshalb auf den Handel mit Sand aus der Westsahara spezialisiert. Sie schütten damit Badestrände auf Gran Canaria oder Teneriffa auf und legen auch künstliche Strände an, auf denen die Urlauber dann weich liegen können. (Brigitte Kramer aus Palma, 8.6.2017)