In vielerlei Hinsicht ein lachender Dritter: der Grazer FPÖ-Chef Mario Eustacchio. Sein Bruder sitzt künftig in drei Aufsichtsräten der Stadt.

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Graz – Die Neubesetzungen von Posten in der Stadt, mit denen die schwarz-blaue Koalition von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und seinem Vize Mario Eustacchio (FPÖ) derzeit Graz umfärben, lassen selbst alteingesessene Rathausmitarbeiter staunen – selbst manche aus Nagls Partei. "Es wird nicht gearbeitet, es wird radikal umgefärbelt", moniert ein langjähriger Rathausinsider.

Erste Wellen schlug die Entsendung des bisherigen Pressesprechers von Eustacchio, Ernst Brandl, in den Aufsichtsrat des Festivals Steirischer Herbst. Brandl, ideologisch weit rechts stehender leitender Redakteur des FPÖ-Blattes Der Uhrturm und Ex-Feuilletonchef von Andreas Mölzers Zur Zeit, sorgt weiter für Unmut. Am Mittwoch forderten 68 Schriftsteller in einem offenen Brief die "umgehende Neubesetzung des Aufsichtsrates mit jemandem, der den fachlichen Anforderungen und einem Mindestmaß an politischer Offenheit entspricht". Die Unterzeichnenden, unter ihnen Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, fürchten "einen Schaden für das Festival", wenn Brandl einer der sechs Aufsichtsräte ist. "Wir werden nicht stillschweigend zusehen, wie die große Geschichte und Bedeutung des Steirischen Herbstes in der Gegenwart in einer Mischung aus Ignoranz und Mutwillen zerstört wird", heißt es in dem Brief.

"Privilegienritter"

Sollte die FPÖ Graz selbst über niemanden mit dem nötigen "Anforderungsprofil verfügen", heißt es weiter, solle man die Aufgabe einem qualifizierten Eigentümervertreter übertragen. Tatsächlich scheint die Personaldecke der FPÖ recht dünn zu sein. Schon im Wahlkampf fiel auf, dass man Listen mit blauen Urgesteinen füllte: etwa dem 89-jährigen Alexander Götz, der von 1973 bis 1983 (wie heute als drittstärkste Kraft) Bürgermeister war und später lange vor Gericht um seine Politikerpension kämpfte. Er wurde deswegen sogar vorübergehend von der Partei, die es unter Jörg Haider offiziell nicht so mit "Privilegienrittern" hatte, ausgeschlossen. Oder aber auch mit dem schon fast in Vergessenheit geratenen Ex-Stadtrat Ferdinand Spielberger. Der 77-jährige Bezirksobmannstellvertreter in Andritz wird Aufsichtsrat der Friedrich-Schmiedl-Stiftung, die mitverantwortlich für die Kinderuni und Forschungspreise ist.

Der unbekannte Bruder

Gänzlich unbekannt, und zwar sowohl in der Polit- als auch in der Kulturszene, war bisher ein Kunsterzieher eines Grazer Gymnasiums namens Claudio Eustacchio. Er heißt nicht zufällig wie der FPÖ-Chef, er ist sein Bruder und sollte in nicht weniger als drei Aufsichtsräten der Stadt sitzen: im Universalmuseum Joanneum, im Künstlerhaus und – gemeinsam mit FPÖ-Klubobmann Armin Sippel, der mit seinem Schaufensterpuppen-Video bekannt wurde – im Graz-Museum (ehemals Stadtmuseum).

Es werden nun aber nur zwei werden, denn das Künstlerhaus gibt es in der alten Form als Teil des Joanneums schon seit 2013 nicht mehr, auch wenn es in den Aufsichtsratslisten der Stadt irrtümlicherweise noch bis vor kurzem so geführt wurde – samt der Entsendung von Claudio Eustacchio.

Unabhängige Halle für Kunst und Medien

"Das Künstlerhaus wird seit 2013 nach einer öffentlichen Ausschreibung vom unabhängigen Trägerverein Kunstverein Medienturm im Künstlerhaus geführt. Somit ist das neue Künstlerhaus, die Halle für Kunst & Medien, eine eigenständige Institution und weder einer anderen Institution noch einem Kuratorium oder Aufsichtsrat unterstellt", wird seitens des Hauses am Donnerstag klar gestellt. Gerade die "wesentliche Fragestellung bezüglich unserer Unabhängigkeit und Positionierung als Institution", sei dem Haus sehr wichtig. Im Gemeinderat wurde der Punkt bezüglich des Kunstvereins bereits als obsolet verworfen.

Ernst Brandl bekommt indes auch im Rathaus eine neue Aufgabe an einer Schlüsselstelle. Er wird in die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Stadt wechseln. Sollte er dort zum Leiter aufsteigen, könnte er künftig den öffentlichen Auftritt von Graz maßgeblich beeinflussen. (Colette M. Schmidt, 8.6.2017)