Gerhart Holzinger scheidet aus dem Amt des Verfassungsgerichtshofpräsidenten aus.

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Wien – Die Neuwahl am 15. Oktober wird wohl die Kür des neuen Verfassungsgerichtshof-Präsidenten sowie zweier Verfassungsrichter verzögern. Der mit Jahresende scheidende Präsident Gerhart Holzinger erstattet zwar in der zweiten Septemberhälfte Mitteilung, dass die Posten mit 1. Jänner vakant werden. Damit ginge sich die Besetzung zeitgerecht aus. Aber nach der Wahl muss erst einmal eine neue Regierung gebildet werden.

Sollte dies so lange dauern, dass am 1. Jänner die Nachfolger von Holzinger, Rudolf Müller und Eleonore Berchtold-Ostermann ihr Amt nicht antreten können, wäre dies auch kein großes Problem. Der VfGH bleibt weiter handlungsfähig; Vizepräsidentin Brigitte Bierlein übernimmt vorübergehend die Aufgaben des Präsidenten, die Mitglieder werden bei Sessionen von Ersatzmitgliedern vertreten, erläuterte Holzinger im APA-Gespräch. Der Präsident wird am 12. Juni 70 Jahre alt und muss deshalb – wie Müller und Berchtold-Ostermann auch – zu Jahresende in Pension gehen.

Holzinger wünscht sich kurze Vakanz

Nicht zu erwarten ist, dass die jetzige Regierung noch über die Nachbesetzungen entscheidet. "Das würde allen Usancen der Vergangenheit widersprechen", merkte Holzinger an. Wünschenswert ist aus seiner Sicht freilich eine möglichst kurze Vakanz – und dass "höchst qualifizierte Bewerber" zum Zug kommen. Mehr will der scheidende Präsident zu seiner Nachfolge nicht sagen.

Formal zuständig für die Besetzungsvorschläge an den Bundespräsidenten – der die Ernennung vornimmt – sind alle drei im Gesetz vorgesehenen Institutionen: Die Regierung für den Präsidentenposten, der Nationalrat für die Nachfolge Müllers, der Bundesrat für jene Berchtold-Ostermanns. Alle drei Positionen müssen öffentlich ausgeschrieben werden – und zwar "unverzüglich", d.h. spätestens einen Monat nach der Mitteilung des Präsidenten. Die Ausschreibung dauert üblicherweise rund vier Wochen. Danach führen Nationalrat und Bundesrat Hearings durch.

Nahtlose Übergabe bei flotter Einigung

Der Bundesrat (der keine begrenzte Funktionsperiode hat) könnte theoretisch ungeachtet der Nationalratswahl entscheiden – es ist aber davon auszugehen, dass alle drei Posten im "Paket" von der neuen Koalition besetzt werden. Eine nahtlose Amtsübergabe ginge sich theoretisch noch aus, sollte sich die neue Regierung sehr flott einig werden – zumal man damit rechnen kann, dass die VfGH-Besetzungen in den Koalitionsverhandlungen vereinbart werden.

Die Besetzung von VfGH-Positionen ist ein politischer Prozess, der nach parteipolitischen Gesichtspunkten erfolgt – was bedeutet, dass sich Koalitionspartner das Vorschlagsrecht aufteilen. Holzinger ist zwar parteiunabhängig und wurde konsensual von der rot-schwarzen Regierung vorschlagen, war aber der Wunschkandidat der SPÖ. Müller kam auf einem SPÖ-Ticket in den VfGH, Berchtold-Ostermann auf einem ÖVP-Ticket.

Die Spekulationen über die Nachbesetzungen wurden mit Ausrufung der Neuwahl noch eine Spur spekulativer – sieht es derzeit doch nicht danach aus, dass Rot-Schwarz nach der Wahl weitermacht. Sollte die FPÖ in die Regierung kommen, wird sie wohl einen der Posten beanspruchen. Als mögliche Präsidenten-Nachfolger aus dem VfGH wurden bisher Christoph Grabenwarter oder Georg Lienbacher (jeweils auf ÖVP-Tickets) bzw. im Fall eines SPÖ-Vorschlags Ingrid Siess-Scherz genannt. "Von außen" war für den Fall, dass die SPÖ nominiert, Ex-Justizministerin Maria Berger im Gespräch; sie hat dem Vernehmen nach aber kein Interesse. VwGH-Präsident Rudolf Thienel – er wurde als ÖVP-Option genannt – hat öffentlich kundgetan, nicht den Gerichtshof wechseln zu wollen. (APA, 8.6.2017)