Tripolis/Berlin – Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel ist zu einem unangekündigten Besuch im nordafrikanischen Krisenstaat Libyen eingetroffen. Er will dort Gespräche mit der international anerkannten Übergangsregierung führen und sich über die Flüchtlingslage informieren.

Von der libyschen Küste aus gelangt der größte Teil der Flüchtlinge aus Afrika über das Mittelmeer nach Europa. Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres waren es rund 60.000 Menschen – 26 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Etwa 1.700 Flüchtlinge ertranken in dieser Zeit auf dieser Mittelmeerroute.

Flug von Sizilien

Der Besuch Gabriels wurde aus Sicherheitsgründen bis zur Ankunft geheim gehalten. Der deutsche Außenminister flog mit einer Transportmaschine der Bundeswehr vom sizilianischen Militärstützpunkt Sigonella nach Tripolis. Da es keine regulären internationalen Truppen in Libyen gibt, gilt der Besuch als besonders gefährlich. Auch fast alle internationalen Organisationen haben das Land verlassen; die meisten Botschaften in Tripolis sind geschlossen. Besuche westlicher Politiker sind daher selten. Zuletzt hatte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) Anfang Mai für wenige Stunden die Übergangsregierung in Tripolis besucht.

Seit dem mit westlicher Hilfe erfolgten Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in Libyen Bürgerkriegschaos. Drei Regierungen reklamieren die Macht für sich, ihr Einfluss ist jedoch lokal begrenzt. Die von den Vereinten Nationen unterstützte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch hat kaum Kontrolle über die Hauptstadt Tripolis hinaus. Sie konkurriert mit einer selbst ernannten "Regierung der nationalen Rettung" um die Macht. Hinzu kommt der umstrittene, aber militärisch mächtige General Khalifa Haftar, der die Unterstützung des Parlaments in Ost-Libyen hat und immer weiter in Richtung Tripolis marschiert. (APA, 8.6.2017)