Sich lieben und achten, an guten wie an schlechten Tagen, einander Treue schwören und ein Fest auf die Liebe feiern, vielleicht sogar in einer Kirche, "vor Gott" – das klingt schon nicht nach Rechtsgeschäft.

Pragmatisch betrachtet, ist eine Hochzeit nicht mehr als ein Vertragsabschluss, der Rechte und Pflichten begründet und zwei Menschen gegenseitig absichert. Dennoch heiraten Paare selten rein aus rationalen Gründen. Die Ehe ist die wohl emotionalste rechtliche Willenserklärung.

Es ist deshalb bloß fadenscheinig, wenn sich Politiker – im Versuch, sich einen liberalen Anstrich zu verpassen – darauf berufen, dass die Rechte von Lesben und Schwulen laufend ausgebaut wurden: "Gut und richtig" sei das gewesen, evaluierte Sebastian Kurz, Chef der "neuen" Volkspartei, kürzlich – wodurch das Gesetz nun "solide" sei.

Tatsächlich sind eingetragene Partnerschaft und Ehe juristisch inzwischen sehr ähnlich. Die Geisteshaltung der Verhinderer einer Ehe für alle zeigt sich in den vielen kleinen Unterschieden: Homosexuelle Paare dürfen etwa keinen "Familiennamen" haben, solche Zeichen der Zusammengehörigkeit stehen nur "echten" Eheleuten zu. Man gönnt ihnen das Rechtsgerüst, nicht die Emotion dahinter.

Eine Partei, die "Nein, ich will nicht" zu einer Reform sagt, die nichts kostet, niemandem schadet und einigen hilft, ist weder "neu" noch "liberal", sondern – wie viele Ehen – zum Scheitern verurteilt, zumindest auf lange Sicht. (Katharina Mittelstaedt, 9.6.2017)