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Wahllokal in Prishtina.

Foto: AP/Visar Kryeziu

Prishtina – Bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Kosovo liegt das Bündnis um die Demokratische Partei (PDK) nach der Auszählung von 90 Prozent der Stimmen mit 34,66 Prozent klar in Führung, berichteten Medien am Montag. Die aus der PDK, der Allianz für die Zukunft (AAK) und Nisma (Initiative) bestehende Koalition hatte den AAK-Chef Ramush Haradinaj für den Premiersposten vorgeschlagen.

Zweitplatzierte ist die nationalistische Bewegung Vetevendosja mit 26,75 Prozent der Stimmen, berichtete die Tageszeitung "Koha Ditore". Die Nationalisten haben demnach rund 4.000 Stimmen mehr als die gemäßigte Koalition um die vom einstigen Präsidenten Ibrahim Rugova gegründete Demokratische Liga (LDK) mit 25,81 Prozent erhalten.

Schwierige Koalitionsverhandlungen

Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Die Ultranationalisten wollen keinesfalls mit dem siegreichen Bündnis zusammenarbeiten, weil sie dessen Spitzenpolitiker der Korruption und des Machtmissbrauchs beschuldigen und sie hinter Gittern sehen wollen. Die LDK dürfte sich ebenfalls mit einer Regierungsbeteiligung schwertun, nachdem die PDK im Mai die Koalitionsregierung aufgekündigt hat.

Die führende serbische Partei, die Srpska Lista (Serbische Liste), hat sich nach Angaben der serbischen Behörden alle zehn Mandate gesichert, die im 120-Sitze-Parlament den Serben vorbehalten sind. Die Wahlbeteiligung lag mit 41,60 Prozent etwas niedriger als vor drei Jahren. In den serbischen Gemeinden war sie nach wiederholten Appellen Belgrads allerdings höher. Über 50 Prozent lag sie auch in der Hauptstadt Prishtina, wo die Lokalverwaltung in den Händen von Vetevendosje ist.

Freispruch in Den Haag

Haradinaj war im Dezember 2004 bereits einmal für kurze Zeit Ministerpräsident. Drei Monate später musste er sein Amt zurücklegen, weil ihn das UN-Kriegsverbrechertribunal angeklagt hatte. Dort wurde er im Jahr 2008 freigesprochen, in einem anderen Prozess folgte 2012 ein Freispruch. Allerdings beklagte sich die damalige Chefanklägerin Carla del Ponte darüber, dass mehrere Zeugen der Anklage im Lauf der Prozesse bei Verkehrsunfällen oder anderswie ums Leben gekommen seien.

Haradinaj wurde auch immer wieder mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung gebracht. Erst zu Jahresbeginn hatte er für Schlagzeilen gesorgt, als er auf Basis eines serbischen Haftbefehls in Frankreich festgenommen wurde. Belgrad beschuldigte ihn wegen Kriegsverbrechen im Juni 1999. Die französischen Behörden sahen aber von einer Auslieferung an Belgrad ab.

Im Wahlkampf sorgte Haradinaj immer wieder für Aufregung in Belgrad. So bezeichnete er Serbien als Feind des Kosovo und kündigte an, die Normalisierungsgespräche mit Belgrad nur fortführen zu wollen, wenn Serbien den Kosovo als unabhängigen Staat anerkennt. Auch die Bildung der im Jahr 2013 vereinbarten Gemeinschaft der serbischen Gemeinden schloss er aus. (APA, dpa, 11.6.2017)