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Drei Monate vor der Bundestagswahl hat die Linke am Wochenende ihr Wahlprogramm beschlossen.

Foto: REUTERS/Michelle Martin

Sahra Wagenknecht, die Fraktionschefin und Spitzenkandidatin der deutschen Linken, ist nicht zufrieden – im Kleinen wie im Großen. Zum einen haben Unbekannte eine Palette mit 3000 Wahlplakaten im Hof ihres Wahlkreisbüros in Düsseldorf abgefackelt. Der Staatsschutz ermittelt.

Und die politische Lage in Deutschland missfällt der Galionsfigur der Linken natürlich auch. Lauter neoliberale Kräfte. Gut, dass Labour in Großbritannien bei der Wahl am Donnerstag gerade gut abgeschnitten hat. Der Erfolg von Jeremy Corbyn sei "der Erfolg einer echten sozialen Alternative zum neoliberalen Mainstream", sagt sie. Und dafür stehe in Deutschland "nur die Linke".

Doch die Delegierten sind in Hannover nicht nur zusammengekommen, um sich selbst zu feiern, sondern um zu arbeiten. Drei Monate vor der Bundestagswahl haben sie das Wahlprogramm beschlossen.

Höherer Spitzensteuersatz

Darin tritt die Linke für eine Mindestsicherung von 1.050 Euro pro Monat und für die Erhöhung des Rentenniveaus (Rentenhöhe im Vergleich zum Gehalt) von derzeit 48 auf 53 Prozent ein.

Um dies zu finanzieren, sollen die Vermögenden zur Kasse gebeten werden. Geplant ist, den Spitzensteuersatz von 45 auf 53 Prozent anzuheben, dies soll ab einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro gelten. Ab einem Einkommen von einer Million Euro sollen 75 Prozent Steuern fällig werden. Dazu kommt eine Vermögenssteuer von fünf Prozent auf alle Vermögen oberhalb einer Million Euro. Bei diesem Punkt erklärte Parteichef Bernd Riexinger: "Mit uns wird es keinen Verzicht auf eine Vermögenssteuer geben."

Keine Kampfeinsätze

Zudem möchte die Linke ungeachtet der Terrorgefahr alle Geheimdienste abschaffen, da diese intransparent seien. Dafür soll die Polizei gestärkt werden. Auch die Nato soll aufgelöst werden. Stattdessen fordern die Linken die Bildung eines "kollektiven Sicherheitssystems unter Einbeziehung von Russland". Mit der Linken soll es außerdem keine "Kampfeinsätze" der Bundeswehr im Ausland geben.

Die Debatte am Wochenende war über weite Strecken von der Frage geprägt: Soll die Linke weiterhin in Opposition bleiben, oder steht sie nun doch für ein rot-rot-grünes Bündnis bereit? Gregor Gysi, der nun Vorsitzender der Europäischen Linken ist, sprach sich klar für Rot-Rot-Grün aus: "Auch in der Opposition ist man wirksam, kann man den Zeitgeist verändern. Aber in der Regierung können wir wirksamer und schneller etwas tun."

Opposition oder Regierungsbeteiligung

Doch es gibt auch andere Stimmen. So fordert die Sprecherin der kommunistischen Plattform, Ellen Brombacher, die "illusorischen Träumereien" vom Regieren zu beenden und stattdessen einen "kräftigen Oppositionswahlkampf" zu führen.

Wagenknecht erklärt zwar einerseits: "Lieber gute Opposition als schlechte Regierungspolitik", meint aber auch Richtung SPD und Linke: "Wir wollen die Grundrichtung der Politik in diesem Land verändern. Wenn wir dafür Partner haben, dann wollen wir auch regieren."

Enttäuscht zeigte sie sich von SPD-Chef Martin Schulz. "Wer an Niedriglöhnen, Rentenkürzungen und Hartz IV nichts ändern will, der soll dann bitte auch aufhören, von sozialer Gerechtigkeit zu reden." Denn Politikwechsel heiße nicht einfach "Raute oder Zottelbart im Kanzleramt". (Birgit Baumann aus Berlin, 11.6.2017)