Franzisca Weder lehrt und forscht am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaften der Universität Klagenfurt.

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Wir haben uns einmal die Webseiten österreichischer, aber auch international operierender Energieunternehmen angesehen. Wunderschön. Windräder in der grünen Hügellandschaft, Solarpaneele auf Hausdächern und Bilder von lachenden Kindern, eine stilisierte Weltkugel in der Hand. Alle Unternehmen, und Energieproduzenten und -lieferanten insbesondere, fühlen sich heute veranlasst, ein klares Statement zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortungswahrnehmung abzugeben. In Zeiten von Donald Trumps anmaßenden umweltpolitischen Entscheidungen noch viel mehr.

Doch was steckt hinter dieser Corporate Social Responsibility (CSR)? Was ist diese Verantwortung, deren Übernahme heute den Unternehmen per Gesetz abverlangt wird? Wie wird diese wahrgenommen, und was davon wird wie kommuniziert?

Die Analyse der Webseiten von Energieunternehmen wie der Kelag, der OMV aber auch RWE, Gazprom und Lichtblick zeigt, dass vor allem der Kanal der eigenen Homepage ebenso wie die Umwelt-, CSR- und Nachhaltigkeitsberichte ein eher beschränktes Mittel sind – in anderen Worten: Sie sind heute Pflicht, es fehlt an der Kür. Schöne Bilder umrahmen Unmengen von Kennzahlen, die das Engagement im Sinne der Stakeholder-Interessen belegen sollen. Und doch ist und bleibt Verantwortung selber beziehungsweise deren Wahrnehmung nur schwer zu kommunizieren. Warum ist das so?

  • Erstens wegen der Schweigespirale, da war sie wieder. Je mehr ein Unternehmen kommuniziert, wo und wie es seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird, desto mehr Aufmerksamkeit wird ihm öffentlich zuteil. Jeder kleine Fehltritt wird vor diesem Hintergrund zur Unternehmens- beziehungsweise Reputationskrise. Die, die wenig machen und nicht oder nur leise reden, stehen auch nicht im Rampenlicht. Ein ehemaliger Braunkohleriese wie RWE kann nicht wirklich viel richtig machen – er steht quasi unter Generalverdacht. Ein Unternehmen wie Lichtblick, per se einer nachhaltigen Energiegewinnung verpflichtet, muss gar nicht so laut von Sozialprojekten oder Umweltprogrammen berichten – tun es auch nicht, so die Analyse.
  • Zweitens: Für die Unternehmensberichterstattung im Bereich Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung gibt es heute unzählige Guidelines und darüber hinaus gesetzliche Verpflichtungen wie den GRI oder vergleichbare Indizes und Gesetze. Die Zahlenkonvolute, die dann in einem entsprechenden Jahresbericht erhoben und zusammengeführt werden, kommunizieren sich denkbar schlecht an die Öffentlichkeit, ein altes Phänomen der Wissenschaftskommunikation.
  • Drittens: Grün, grüner, und ja, es geht noch grüner. Nach wie vor wird Nachhaltigkeit (und CSR gleich mit) als Synonym für einen "grünen Touch" verwendet, insbesondere in den Medien. Auf der Unternehmenswebseite oder auch in den Berichten und Presseaussendungen lösen sich die Bilder vom Inhalt. Das Kind mit der Weltkugel in der Hand, das grüne Blatt, das aus einer Hand wächst, oder das Windrad, das sich unermüdlich für den Konsumenten dreht, werden zur hohlen Bild- oder Worthülse. Der Vorwurf des Greenwashings ist dann nicht mehr weit. Doch was ist mit einem verantwortlichen Verhalten in einer sozialen Dimension? Was ist mit betrieblichem Gesundheitsmanagement, Frauenquoten oder eben nicht, was ist mit der Integration von Flüchtlingen, Asylwerbern oder körperlich eingeschränkten Mitarbeiter*innen? Die Themenvielfalt ist breit – doch gerade Energieunternehmen reiten in ihrer Kommunikation nur weiter in Richtung Windräder und Sonnenenergie.

Inzwischen gibt es immer mehr Studien im Bereich CSR-Kommunikation, die zeigen, dass die reine Information, die die Webseite und die dort herunterzuladenden CSR- und Nachhaltigkeitsberichte dominiert, an ihre Grenzen gelangt. In diesem Sinne sollte die Aufmerksamkeit meines Erachtens – und unseren Forschungen entsprechend – verstärkt in Richtung kommunikative Verantwortung gehen.

Die zentrale Idee: Die Kommunikation innerhalb, aber auch aus einem Unternehmen heraus muss verantwortlich sein. Das bedeutet für die interne Kommunikation eine Kultur der Achtsamkeit und der nachhaltigen Kommunikation; das bedeutet für die interne sowie für die externe Kommunikation ein Leitbild der Transparenz und die Entscheidung für eine Kommunikation, die Vertrauen aufbaut und die Organisationsstrukturen auf Dauer stellt.

Dementsprechend gilt es, ethische Grundsätze für das kommunikative Verhalten im Unternehmen sowie für dessen Kommunikation nach außen zu entwickeln, anstatt sich an ISO-Normen sowie Reporting-Indizes entlangzuhangeln und zu versuchen, diesen gerecht zu werden.

Damit kann in unseren Augen auch den genannten Widersprüchen in der "lauten" und "überplakativen" Kommunikation auf der Webseite oder im jährlichen Bericht vorgebeugt werden. (Franzisca Weder, 12.6.2017)