Nein, der fulminante Aufstand der Häfenschwestern am Beginn der fünften Staffel von "Orange Is The New Black" ist keine fiktionale Aufforderung an die US-amerikanische Bevölkerung, sich gegen trampelhafte Obrigkeiten zu wehren. Zum Zeitpunkt des Drehs waren die Serienerfinderin Jenji Kohan und ihr spielfreudiges Ensemble noch frohen Mutes – weil das nächste politische Oberhaupt der Vereinigten Staaten eine Frau sein und Hillary Clinton heißen würde.

Netflix

Weil aber bekanntlich alles anders kam, sind jene 72 Stunden, in denen es im Frauengefängnis von Litchfield drunter und drüber geht, schlicht eines jener genialen Zusammentreffen, in denen die Fiktion die Möglichkeiten einer Wirklichkeit vorwegnimmt: Erhebt euch! Seit Freitag ist die Serie auf Netflix abrufbar.

Kein Damencatchen

Foto: Netflix

Die wuchtige Rebellion in den ersten drei Folgen kommt zwar nicht von ungefähr, sondern rührt vom Ende von Staffel vier, als große Ungerechtigkeit über die Knastis kam (wann tat es das jemals nicht?), kann aber dennoch als Sinnbild des inneren Zustands gelesen werden all jener, die nicht mit Donald Trump als US-Präsident einverstanden sind.

Insofern sei das Gerangel eher nicht einfach als fröhliches Damencatchen zu verstehen, sagt Danielle Brooks in London beim Pressegespräch von Netflix. Brooks spielt Taystee in OITNB, wie Fans die Serie nennen – und ist Mitglied der Black-Community im Gefängnis. Sie sieht im Aufstand eher das Aufzeigen der anarchischen Zustände in den US-Gefängnissen, die immer voller werden, erklärte sie beim Interview in London.

Taylor Schilling und Danielle Brooks (rechts).
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Empowerment war und ist zentrales Angebot der Serie um kriminelle Frauen, die je nach Schwere ihrer Verbrechen kürzer oder länger im Gefängnis sitzen und sich dort behaupten müssen. Die Resozialisierung erfolgt in Gruppen – Schwarze, Hispanics, Lesben oder in diesem Menschenzoo existierende Minderheiten, zum Beispiel Piper Kerman, weiß, Tochter aus gutem Hause und reale Vorlage von OITNB, deren Aufzeichnungen die Serie grob folgt.

Zwei weitere Staffeln

Fünf Staffeln sitzt die Serien-Piper (Taylor Schilling) schon im Gefängnis. Ihr reales Vorbild saß wegen Drogenhandels und kam nach einem Jahr frei. Weil die Episoden so viele Fans versammelt, gab Netflix den Zuschlag für weitere zwei Staffeln, um diesem kraftvoll-feministischen Epos nach sieben Saisonen ein würdiges Ende zu bereiten.

Die Umstände, warum und wie Frauen in Gefängnissen sitzen müssen aufzuzeigen, sei wichtiger denn je, sagt Schilling, "schmerzlich nahe an der Grenze zur Sklaverei" sieht sie Schilling: "Das Faktum, dass ich als Weiße einen solchen Aufstand eher überlebe, ist schrecklich genug."

Natasha Lyonne (links) und Yael Stone.
Foto: Netflix

"Die ganze Staffel sagt in gewisser Weise 'Steh auf, und wehre dich gegen Ungerechtigkeit, wann immer du kannst", sagt Natasha Lyonne, die den zynischen Ex-Drogenjunkie Nicky spielt. In Wahrheit sei das, was gerade passiert, ziemlich lächerlich", sagt Laverne Cox, die transsexuelle Sophia Burset: "Wenn das ein Film wäre, würden wir vor Begeisterung jubeln: Wahnsinn, ist das gut!"

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Humor ist ein gewichtiges Element der Serie, die damit jede Form von aufdringlicher politischer Agenda von sich weist. Es gehe um Geschichten über Menschen, sagt Cox: "Wir sehen ein korruptes System, darin steckt Kritik an politischen Konzepten. Aber im Grunde geht es um menschliches Verhalten."

Eine Parallele ließe sich zu den gegenwärtigen politischen Verhältnissen dennoch ziehen, sagt Taylor Schilling: "Das Chaos, in dem wir uns gerade befinden, vereint uns in gewisser Weise."

Weitere Themen beim Interview:

  • Zum Dreh: Die Bücher bekommt das Team nach und nach. Wenn sie mit dem Dreh beginnen, wissen die Schauspielerinnen nicht, wie die Staffel ende, sagt Uzo Aduba, die Darstellerin von Suzanne "Crazy Eyes": "Vier bis fünf Tage vor dem Dreh der nächsten Folge kommen die neuen Skripts. Wir wissen ungefähr, wie es weitergeht über Handlungen oder Charaktere, aber nicht mehr", sagt Aduba.
Uzo Aduba.
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Sieben Staffeln sind versprochen, anders als bei anderen Serien gibt es also ein lange vorher fixiertes Finale. Aduba findet das gut: "Es ist die Gelegenheit, die Geschichten zum Ende zu bringen." Jobsicherheit habe aber keine der Schauspielerinnen, sagt Aduba: "Sie sagen nicht, welche Charaktere bei allen Staffeln dabei sind."

  • Was bringt Staffel fünf? (Achtung gemäßigter Spoiler!)
    Piper Kerman versucht ein gutes Mädchen zu sein, ist bemüht, nicht im Zentrum des Sturmes zu sein. "Es geht nicht allzu lange gut", kommentiert Taylor Schilling.
    "Wir sehen sie in einer Phase der Trauer", sagt Uzo Aduba über Suzanne "Crazy Eyes": "Wir erholen uns von den Schlägen der Vergangenheit." Suzanne versuche Frieden zu finden und auf die Reihe zu kriegen, was passiert ist: "Wir treffen sie in einem sehr zerbrechlichen Zustand wieder. Die Gefängniswache verliert Macht", verrät Aduba. Suzanne versuche das beste zu machen mit den Mitteln, die sie hat. (Doris Priesching, 13.6.2017)