Kaffee als Qualitätssiegel für ein gutes Fahrradgeschäft? Eine These, immerhin.

Foto: Thomas Rottenberg

Thomas Rottenberg hebt einen beim Rennrad- und Mountainbike-Spezialisten Speedplanet in Klosterneuburg

Foto: Thomas Rottenberg

Mein Motorradschrauber ist ein guter Mensch: Er hat mir noch nie etwas aufgeschwatzt – und redet mir regelmäßig Dinge aus. Er weiß, dass ich ahnungslos bin: "Ich könnte dir alles einreden. Du würdest den größten Schas kaufen. So wie 90 Prozent der Leute. Am leichtesten ist das bei denen, die sich für Auskenner halten." Ich empfehle diese Werkstatt – für Moped, Roller & Co. Meine Fahrräder bringe ich nicht hierher: Der Kaffee hier ist grauenhaft.

Was Verkäufer riechen

Von Fahrrädern verstehe ich mehr als von Mopeds. Trotzdem gilt: Ich bin Kunde, nicht kundig. Das habe ich oft genug teuer bezahlt. So wie Radfahrer nicht per se bessere Menschen sind, sind es auch Radhändler nicht: Gute Verkäufer riechen Ahnungslosigkeit.

Trotzdem habe ich eine Methode, gute Radläden zu erkennen. Laute von lauteren Schraubern zu unterscheiden: Ich schaue nicht auf Fingernägel und Ordnung – sondern auf die Espressomaschine. Denn bei den jungen, hippen Bike-Shops zwischen London, Berlin und Rom geht ohne Espressomaschine heute nix mehr: Der Ristretto ist das "Hi!" an den Bobo-Velominaten. Ein "Hallo", das Entschleunigung einleitet. Ein Gruß, mit dem der Händler zeigen kann, wie er es mit Details hält. Wie er Sensibles (Wasser, Bohne, Druck und Wetter) choreografiert.

Die These

Ob er Leidenschaft oder Lagerbestände vertickt: Beim Umgang mit Chrom und Crema trennen sich Fahrrad-Spreu und Velo-Weizen. Behaupte ich. Keine Frage: Mit der These werde ich irgendwann mega einfahren. Aber bis es so weit ist, glaube ich dran: Der gute Radladen hat den besseren Espresso. (rott, 18.6.2017)