Inkontinenz ist kein Schicksal, mit dem man sich abfinden muss.

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Inkontinenz ist die häufigste und gleichzeitig am stärksten tabuisierte Volkskrankheit. In Österreich leiden eine Million Menschen an einer Blasen- oder Darmschwäche – meist, ohne darüber zu sprechen. Die Folgen reichen von sozialem Rückzug bis zur Reduktion von Nahrung und Flüssigkeit. Dabei wäre die Erkrankung meist gut zu behandeln, sagen Experten.

Haupt-Risiko-Faktor ist vor allem das Alter, hieß es. Ab 80 Jahren ist bereits ein Drittel betroffen, oft ist Inkontinenz der ausschlaggebende Grund für die Einweisung in ein Pflegeheim. Dabei wird nicht selten auf Demenz geschlossen, obwohl es die Betroffenen lediglich körperlich nicht rechtzeitig auf die Toilette schaffen.

Blasen- und Darmschwäche wäre in vielen Fällen durchaus behandelbar, nicht selten auch heilbar, Scham und mangelnde Information stehen allerdings im Weg. Statt dessen erfolgt aus Angst oft ein sozialer Rückzug und weniger Bewegung, was einen Abbau erst Recht beschleunigt. Hinzu kommt der Irrglaube, dass es sich um eine irreversible Folge des Alterns und somit unabwendbares Schicksal handle, heißt es von Vertretern der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ). Für jede Form gebe es verschiedenste Hilfsmaßnahmen, mit denen Linderung und oft auch Heilung erzielt werden können.

Vorträge und Beratung

Im Rahmen der "Welt-Kontinenz-Woche" vom 19. bis 25. Juni klären Spezialisten in ganz Österreich über Umgang, Behandlung und Vorbeugung auf. Bei freiem Eintritt finden etwa am kommenden Montag in Dornbirn und am Dienstag in Innsbruck und Klagenfurt Vorträge und persönliche Beratungen für Betroffene und Angehörige statt.

Aufklärung tut dringend not, dürfte es doch im Jahr 2050 etwa doppelt so viele Menschen über 65 geben wie heute, der Anteil an Über-80-jährigen wird sich bis 2030 verdoppeln und bis 2060 verdreifachen. Derzeit läuft eine Untersuchung des Sozialministeriums, die Empfehlungen und Maßnahmen für eine Steigerung der Lebensqualität und soziale Inklusion von Menschen mit Harnverlust ausarbeiten soll – "demographisch, sozial- und gesundheitspolitisch von enormer Bedeutung", sagt der Leiter der Österreichischen Plattform für Interdisziplinäre Alternsfragen (ÖPIA), Georg Ruppe.

Ein zentrales Ergebnis der Hochaltrigenstudie zeigt, dass es sich um ein sehr häufiges und zentrales Thema für Ältere handelt, wobei die Stuhlinkontinenz besonders belastet. Verlust an Selbstachtung, psychische Probleme und soziale Isolation müssen aber nicht sein, auch die Angehörigen können kompetente Unterstützung finden. (APA, 13.6.2017)