Der Boden ist gerade noch blassrosa, das tut der Qualität des Platzes jedoch nichts ab. Selten erlebt man in europäischen Stadträumen so durchmischtes Publikum. Selten auch ist ein solcher Raum so unangestrengt gestaltet und zugleich so erfolgreich. Die Rede ist von Superkilen (Superkeil), ein lang gezogener Platz auf einer ehemaligen Stadtbrache im nordwestlichen Kopenhagen. Hier ist die Stadt weniger lieblich als im Zentrum, aber leistbar für Migrantinnen und Migranten.

Das Schild des legendären Hotels Moskau am Platzeingang.
Foto: Jenny Huynh-Minh
Extreme Partizipation, extreme Landschaften.
Foto: Jenny Huynh-Minh
Erinnerung und Identifikation sind wichtiger als einheitliches Design.
Foto: Sabine Pollak
Superkilen weist eine angenehme Coolness auf.
Foto: Corinna Hiemer

50 Nationen, 50 Objekte

Was anderswo als Problem gesehen wird – über 50 verschiedene Ethnien, sozial schwache Gruppen –, wird am Superkilen zum Programm. Vielleicht sind dänische Architekturbüros weniger autokratisch veranlagt als österreichische. Die Bjarke Ingels Group (BIG), bekannt auch für ungewöhnliche Wohnprojekte, nahm sich am Superkilen erstaunlich zurück im Gestaltungswillen. Auf einer Länge von eineinhalb Kilometern legte sie lediglich Zonen für Erholung, Spiel, Sport und Kommunikation an und markierten diese am Boden farblich. 

Ein Park mit Humor

Die Einrichtungen des Platzes stammen aus den Ursprungsländern der Anrainer, das zeigt sich in liebevollen Details wie am marokkanischen Brunnen, den italienischen Leuchten, einem russisch-konstruktivistischen Unterstand oder einem japanischen Klettergarten in Oktopusform. Bei den Bewohnern rundum schaffen sie sichtlich Identität, bei Besuchern rufen sie ein Lächeln hervor. Superkilen ist ein Park mit Humor. Die Künstlergruppe Superflex, verantwortlich für die Installationen, nennt ihre Herangehensweise "extreme Partizipation". Die Künstler forderten Anrainer auf, charakterstarke Objekte aus ihren Heimatländern zu nennen, wie bestimmte Bänke, Poller oder Spielgeräte. Nach Recherchereisen wurden diese Objekte direkt geholt oder eins zu eins nachgebaut. Kommunikation scheint dabei an vorderster Stelle zu stehen, sei es in den Doppelschaukeln, am Backgammontisch oder – wenn Unstimmigkeiten nicht anders auszutragen sind – im Boxring. 

Thailändische Doppelschaukeln, rosa Flächen und eine heterogene Umgebung.
Foto: Joseph Eckhart
Die minimale Gestaltung dynamisiert und provoziert eine Benutzung.
Foto: Stefanie Bauer
Spielplatz in Superkilen.
Foto: Sabine Pollak

Uneitel, robust und vielfältig

Das Ergebnis ist vielfältig und formal unbestimmt. Robuste Flächen und bunte Objekte provozieren eine maximale Benutzung, das sieht man, wenn man einige Zeit im Café am schwarzen Markt am Arealeingang verbringt. Der mehrfach ausgezeichnete Platz wurde in radikalem Rot eröffnet und funktioniert nach fünf Jahren immer noch bestens. Das uneitle Projekt versetzt nicht nur Kinder in Bewegung und verleiht dem royalen Kopenhagener Zentrum ein global anmutendes, fröhliches Pendant. Was wir vom Superkilen lernen können? Eingefärbte Böden verblassen mit der Zeit, ein gutes Konzept jedoch nicht. Und dass extreme Partizipation besser ist als allzu sanfte. (Sabine Pollak, 20.6.2017)

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