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Die Unterstützung für Katar zeigten Teilnehmer einer Demonstration vor einer Woche in Istanbul deutlich – die türkische Regierung fährt in ihren Reaktionen auf die Krise allerdings Zickzack.

Foto: Reuters / Murad Sezer

Ankara/Athen – Am Tag nach dem vereitelten Putsch vom 15. Juli vergangenen Jahres suchte Recep Tayyip Erdogan Hilfe von seinem "Bruder" . 150 Elitesoldaten schickte der Emir von Katar in Privatflugzeugen nach Ankara. Sie sollten Erdogan schützen. Der türkische Staatschef wusste nicht, wem er in seiner Armee in der kritischen Phase nach dem Zusammenbruch des Putschs trauen konnte. Bereits am 19. Juli flog die Leibgarde wieder still und heimlich ab, so soll es aus einem Dokument der Botschaft von Katar in Ankara hervorgehen. Die türkische Führung hat dies nicht dementiert. Der kleine Golfstaat ist Ankaras besonderer Partner.

Seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und der Blockade des Emirats durch seine arabischen Nachbarn fährt die türkische Führung allerdings zickzack. Erst rief sich Erdogan zum Vermittler in der Krise aus, dann ließ er vergangenen Donnerstag im Schnellverfahren im Parlament einen Stationierungsbeschluss für türkische Soldaten in Katar annehmen. Bis zu 5000 Soldaten könnten in das Emirat am Golf entsandt werden. Ein bis dahin nie gesehenes militärisches Engagement der Türkei, mit dem Erdogan sowohl Saudi-Arabien wie die USA herausfordert, Katars mächtige Gegner. Dass Katar zugleich die größte Militärbasis der USA im Nahen und Mittleren Osten beherbergt und Saudi-Arabien als Finanzier im Krieg in Syrien ein Partner der Türkei ist, kompliziert die Sache nur.

Dass die türkischen Soldaten – wenn sie denn tatsächlich in voller Stärke stationiert werden – etwas gegen die Amerikaner in Katar ausrichten sollen, glaubt dabei niemand.

Ihre Mission wird sein, den Emir zu schützen und seinen Sturz zu verhindern, sollte die politische Krise mit den Nachbarn noch eskalieren und ein Volksaufruhr orchestriert werden. Erdogan revanchiert sich für die Hilfe des Emirs im Sommer des vergangenen Jahres.

Kontingent am Golf

Nach Informationen des türkischen Sicherheitsexperten Metin Gürcan sind derzeit 90 türkische Soldaten auf einer ehemals britischen Militärbasis rund 20 Kilometer außerhalb von Katars Hauptstadt Doha. Die türkische Armee würde ihr Kontingent im Golfstaat nur langsam aufbauen, so schrieb Gürcan unter Berufung auf Militärkreise; zunächst kämen Infanterieeinheiten, dann die türkische Marine, erst in einem dritten Schritt Kampfjets.

Selbst in regierungsnahen Medien werden vorsichtig Zweifel am Sinn dieses Engagements laut. Die Türkei riskiere mit ihrer Parteinahme für Katar die Verschlechterung der Beziehungen zu den anderen arabischen Staaten, schrieb Sami Kohen am Dienstag in der Tageszeitung Milliyet. Übers Wochenende bemühte sich Ankara auch, wieder zurückzurudern. Erdogan erhielt Besuch vom Außenminister Bahrains, mahnte eine Beilegung der Krise vor Ende der Fastenzeit Ende Juni an und ließ am Dienstag ein Telefongespräch mit US-Präsident Donald Trump ankündigen.

Eine ideologische, mitunter vielleicht auch persönliche Nähe zu Tamim bin Hamad Al Thani, dem Emir von Katar, erklärt das Interesse Erdogans und seines Führungszirkels an dem Golfstaat. Auch Katar unterstützt die sunnitische Muslimbruderschaft und die Hamas. Doch Katars Geld ist der Kitt für diese besonderen Beziehungen.

Katar pumpt Geld in Türkei

Wann immer in den vergangenen Jahren Sorgen über den Abzug ausländischer Investitionen aus der Türkei auftauchten, gab es doch plötzlich unerklärte Zuflüsse: Katar pumpt Geld in Erdogans Land, offiziell und wohl auch inoffiziell. Auf mehr als 20 Milliarden Dollar belaufen sich die Investitionen in der Türkei, gab die Handelskammer von Katar an. Bei der WM 2020 baut die Türkei die Stadien. (Markus Bernath, 14.6.2017)