Sexismus als Reaktion auf sexuelle Gewalt ist immer noch tief in der Gesellschaft verwurzelt. Das mutmaßliche Opfer ist immer noch damit konfrontiert, das alles selbst gewollt, provoziert, duldend und damit mitverantwortlich herbeigeführt zu haben. Und oft genug schwingt auch der Vorwurf der Geldgier mit, sowohl im noch immer ungelösten Fall Cosby als auch in vielen anderen. Die Geldgier sei es wohl gewesen, die zum Gang an die Öffentlichkeit bewegt habe. Oder die Lust auf fünfzehn Minuten Ruhm.

Von Geldgewinn keine Rede

Wer weiß, wie es Opfern sexueller Gewalt meistens nach dem Erlebten geht, der geht nicht davon aus, dass sie sich des Geldes oder der Aufmerksamkeit wegen dem Stress, der Grausamkeit eines öffentlichen Prozesses mit unklarem Ausgang, der möglichen Retraumatisierung der Täterbegegnung aussetzen wollen, der medial verbreiteten Häme. Oft genug sind die Taten verjährt, von Geldgewinn keine Rede.

Schlüpfrige Erwähnung der Besetzungscouch

Und was zusätzlich traurig auffällt: Männern, die Opfer sexueller Gewalt wurden, wie zum Beispiel im englischen Fußballskandal, der enthüllte, wie Jugendliche jahrelang folgenlos von Trainern missbraucht wurden, schlägt dieser Vorwurf beziehungsweise die Unterstellung, durch Dulden der Übergriffe die Karriere befördern zu wollen, deutlich seltener entgegen. Die schlüpfrige Erwähnung der Besetzungscouch bleibt nach wie vor weiblichen Opfern vorbehalten. (Julya Rabinowich, 18.6.2017)