Das Schulautonomiepaket hat nun die Zustimmung der Grünen.

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Wien – Wochenlang wurde verhandelt, und schon oft schien eine Einigung nahe, die dann doch nicht kam. Am Montag war es aber so weit: Die Grünen stimmten der Bildungsreform zu. Damit kann das Paket noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Nationalrat beschlossen werden.

Neben einer Reform der Schulverwaltung bringt das Paket mehr Autonomie an den Schulen und auf Drängen der Grünen auch die Möglichkeit, die gemeinsame Schule bis zur achten Schulstufe in Modellregionen zu erproben.

Einfache Mehrheit

Gespießt hatte es sich bis zuletzt vor allem bei der Abstimmungsmodalität für eine gemeinsame Schule. Noch Anfang Juni hatte der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz in der ZiB 2 erklärt, dass er sich nicht vorstellen könne, die Grünen-Forderung nach mehr Möglichkeiten für die Gesamtschule zu erfüllen. Er stellte damals auch eine zuvor kolportierte Einigung in Abrede, über die der STANDARD unter Berufung auf mehrere Quellen aus Verhandlerkreisen berichtet hatte. Die Grünen bestätigten später öffentlich, dass die ÖVP einem gemeinsamen Papier eigentlich bereits damals zugestimmt hatte.

Weit über den Schatten springen musste die ÖVP bei der Ermöglichung von Modellregionen aber nicht, sagte Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) bei der gemeinsamen Präsentation der Bildungsreform am Montag im Parlament. Denn bereits im November 2015 einigten sich ÖVP und SPÖ auf solche Modellregionen, ergänzte Mahrer. Und dass Eltern und Lehrer diesem Schulmodell zustimmen müssen, stand nie außer Frage. "Nun wurde ein tragfähiger Kompromiss gefunden."

Blockademöglichkeiten

Die Grünen befürchteten Blockademöglichkeiten, da laut Regierungsvorschlag die Zustimmung von mindestens der Hälfte der stimmberechtigten Eltern gefordert wurde. Nun soll eine einfache Mehrheit reichen, es muss aber mindestens ein Drittel der Abstimmungsberechtigten für eine gemeinsame Schule stimmen. Die Zustimmung der Lehrer erfolgt im Rahmen einer Lehrerkonferenz, auch hier reicht eine einfache Mehrheit, zwei Drittel der Lehrer müssen aber bei der Abstimmung teilnehmen.

Darüber hinaus können nicht mehr als 15 Prozent aller Schüler der fünften bis achten Schulstufe und höchstens 15 Prozent aller Schulen zur gemeinsamen Schule werden. Jede einzelne Modellregion darf nicht mehr als 5000 AHS-Schüler umfassen. Damit kann Vorarlberg mit insgesamt rund 4000 Schülern in der AHS-Unterstufe eine solche Modellregion werden, auch das Burgenland würde diese Voraussetzungen erfüllen.

36 Gesetze, 100 Verordnungen

Für den Grünen-Bildungssprecher Harald Walser sind diese Regelungen "keine faulen Kompromisse, sondern das Ende 100-jähriger Blockadepolitik". Damit sei der Weg frei für eine gemeinsame Schule in Vorarlberg. Neun Monate wurde intensiv verhandelt, sagte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ). "36 Gesetze und über 100 Verordnungen mussten dafür angepasst werden. Das zeigt, wie festgezurrt unser Schulsystem war." Mehr Freiräume zu ermöglichen, sei ein wichtiger Eckpunkt der Reform, und diese Freiräume gelten auch für die Pädagogik, erwiderte Hammerschmid auf die Kritik der Lehrergewerkschaft, die im Autonomiepaket ein pädagogisches Konzept vermisst.

Kritik an Schülerhöchstzahl

Ebenfalls kritisiert wurde die Aufhebung der Klassenschülerhöchstzahlen. Trotz der Möglichkeiten, flexible Gruppen zu bilden, bleibt der Klassenverbund als zentrales Kernelement erhalten. Die Klassenschülerhöchstzahl wird verfassungsrechtlich verankert. Bei einer zu hohen Landesdurchschnittszahl der Schüler je Klasse gibt es keine Zustimmung des Ministeriums zum Lehrerstellenplan, heißt es dazu aus dem Bildungsministerium.

Die Handschrift der Grünen ist auch bei den Schulclustern sichtbar: Im Bildungspaket sind nun Mischcluster aus Neuen Mittelschulen und Gymnasien möglich. Die Bildung von einem Schulcluster, bei dem sich bis zu acht Schulen in räumlicher Nähe zu Verbünden zusammenschließen können, passiere freiwillig, wie die Bildungsministerin betonte. Es sei denn, es handelt sich um Kleinstschulen, die nicht weiter als fünf Kilometer voneinander entfernt liegen, die Schülerzahlen dort sinken und weniger als 100 Schüler pro Schulstandort betroffen sind. (Katharina Mittelstaedt, Gudrun Ostermann, 19.6.2017)