Wien – Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) drängt weiter auf Reformen für den österreichischen Medienmarkt und hat seine Forderungen in einem Weißbuch gebündelt, >>> siehe auch STANDARD-Interview mit Ernst Swoboda. Diese "Vision", so Geschäftsführerin Corinna Drum bei der Präsentation am Dienstag, betrifft Änderungen beim ORF genauso wie bei der Medienförderung. Außerdem warnt der Verband erneut vor den "US-Giganten" Facebook, Google und Co.

Die Medienförderung müsse umgestaltet werden, forderte VÖP-Vorsitzender Ernst Swoboda. Dass es auch künftig öffentliche Mittel brauchen wird, steht für ihn "mit einem ganz großen klaren Ja" außer Frage. Das Wie aber müsse reformiert werden. Die Finanzierung des ORF soll nach VÖP-Vorstellung "zeitgemäß" erfolgen. Gespeist aus einem "zentralen Medienbudget des Bundes", soll sie alle zwei Jahre auf die "Erforderlichkeit" einer Anpassung überprüft werden: Zwar auf Vorschlag des Generaldirektors, aber von einem "unabhängigem Expertengremium" ähnlich des Systems in Deutschland. Die Genehmigung einer allfälligen Erhöhung soll dann eine "Stelle mit politischer Verantwortung" gewähren. Für private Medien brauche es eine "gattungsbezogene Basisförderung" sowie "gattungsübergreifende" Mittel für "Zukunftsbereiche" wir Digitaljournalismus und den "strukturellen Wandel".

Regeln für den ORF

Jede Menge Änderungsbedarf sieht der VÖP bei den Rahmenbedingungen für den ORF. Dieser müsse "unverwechselbar" werden – das ist er nämlich nach Ansicht des Verbands derzeit nicht, sondern ein "quasi ein kommerzieller, aber gebührenfinanzierter Medienanbieter", so Swoboda. Der Public Value als "Kernauftrag" müsse konkreter formuliert werden. Etwa, indem jedes TV-Vollprogramm die "gesetzlich definierten Inhaltekategorien" (also zum Beispiel Information, Kultur, Sport etc., Anm.) zu einem bestimmten Anteil – 20 Prozent schweben dem VÖP vor – beinhalten muss. Im Radio möchten die Privaten den ORF-Sendern einen Wortanteil von 20 Prozent verordnen. Außerdem sollten zwei der vier bundesweiten Radioketten des ORF von UKW auf DAB+ übersiedeln.

Weiters brauche der ORF "weniger Kommerz" und müsse seine "Werbeintensität reduzieren": "Das nach Quote Schielen ist Gift für öffentlich-rechtliche Programmierung", so Swoboda. Reine Imagewerbung solle verboten werden, der Einkauf "teurer Premiumrechte" beschränkt.

Gesetzgeber gefordert im Kampf im "Medienkrieg mit den US-Giganten"

VÖP-Co-Vorsitzender Markus Breitenecker wiederum sieht den nationalen und europäischen Gesetzgeber gefordert im "Medienkrieg mit amerikanischen US-Giganten" – gemeint sind globale Player wie Google, Facebook oder Amazon. Europa müsse "attraktive Alternativen" zu diesen Netzwerken entwickeln und dafür auch Geld – von einer Medienabgabe gespeist – in die Hand nehmen. Außerdem müssten die Plattformen rechtlich als Medien eingestuft werden, bekräftigte Breitenecker. Und es brauche steuerliche Gleichbehandlung.

Mit solch einer Forderung rennt er bei Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) offene Türen ein. Allerdings hätten entsprechende Anläufe mit dem (ÖVP-geführten, Anm.) Finanzministerium zu nichts geführt, betonte er. Auf EU-Ebene habe Österreich immerhin durchsetzen können, dass "das Fernsehen für junge Menschen", also auf Online-Plattformen, hinsichtlich Werbung, Jugendschutz etc. "den gleichen Regelungen unterliegt".

ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel, wie Drozda bei der Präsentation des Weißbuchs dabei, sah es als "Konsens" an, dass die österreichischen Medien eine "öffentliche Finanzierung bzw. Teilfinanzierung" bräuchten. "Die Frage ist: Wie hoch, wie wird sie verteilt?" Die ORF-Ideen des VÖP fand er in vielen Ansätzen "sehr gut", betonte aber zugleich, "dass der ORF seine Relevanz behalten muss" – und damit auch Reichweite, um mit seinen öffentlich-rechtlichen Inhalten möglichst viele Zuschauer zu erreichen.

ORF weist Forderungen des VÖP zurück

Der ORF selbst reagierte unfreundlich auf die VÖP-Vorschläge. Einmal mehr habe dieser "eine nachhaltige Schwächung des ORF" im Sinn. "Publikumsfremde und bürokratische Programmierregeln" oder Radio über einen "kaum empfangbaren digitalen Verbreitungsweg" sei keineswegs im Sinne der Gebührenzahler. Eine Finanzierung aus dem Budget würde die Unabhängigkeit des ORF aushöhlen. "Es zeigt sich einmal mehr, dass der VÖP hauptsächlich die kommerziellen Interessen deutscher Medienkonzerne und ihrer TV-Werbefenster vertritt und nicht die des österreichischen Medienmarktes", bekräftigte der ORF seine Sicht des Verbands. (APA, 20.6.2017)