"Far Cry 5" spielt in einer fiktiven Kleinstadt im Bezirk Hope County, Montana, die von einem religiösen Kult beherrscht wird. Religion spielt dabei nicht nur auf der Ebene der Charaktere eine Rolle, sondern taucht in den bisher veröffentlichten Trailern auch im landschaftlichen Setting, in Gebäuden, den Dialogen und in zahlreichen religiösen Symbolen auf. Sowohl auf Seite der Protagonisten als auch auf Seite der Gegner finden sich religiöse Figuren, die zum Nachdenken anregen: Während der Antagonist Joseph Seed als religiöser Fanatiker und brutaler Sektenführer des Kults "'The Project at Eden’s Gate" porträtiert wird, erklärt der offenbar positiv dargestellte Pastor Jerome Jeffries als Teil der Widerstandsbewegung seine Beweggründe, um gegen die Sekte vorzugehen. 

Ubisoft US

Die fiktive Kleinstadt "Fall's End" entspricht stereotypen Vorstellungen der ländlichen Idylle sowie ihrer Bewohner im US-amerikanischen Grenzgebiet. Neben zahlreichen religiösen Symbolen zeigen sich auch wiederholt nationalistische Elemente in den bisher gezeigten Gameszenen. Amerikanische Flaggen wehen im Wind und die heile Welt am Land wird nur durch das Aufrüsten der militanten, endzeitlichen Gruppe um Joseph Seed durchbrochen. Die Vermischung von nationalen sowie religiösen Symbolen spiegelt unter anderem Aspekte von Robert N. Bellahs Betrachtung der US-amerikanischen Gesellschaft und seinem Konzept der Zivilreligion wider. Bellah geht davon aus, dass neben der Bedeutung klassischer, nationaler Symbole, wie der amerikanischen Flagge, auch übergreifende religiöse und mitunter auch biblische Elemente als zentral für die US-amerikanische Gesellschaft gelten.¹

In "Far Cry 5" zeigt sich dies vor allem in der Darstellung der Charaktere. Joseph Seed, der Anführer der Sekte "The Project at Eden’s Gate" wird als Prediger in einer Kirche inszeniert. Seine Anhänger folgen ihm und seiner Familie unter dem Symbol eines adaptierten Kreuzes, das auch als Teil der US-amerikanischen Flagge dargestellt wird.

Anführer der Sekte, Joseph Seed, mit seinen Anhängern und der adaptierten US-Flagge.
Foto: Ubisoft

Angst und Unsicherheit bilden die Grundlage für den Erfolg von "The Project at Eden's Gate", aber erst Joseph Seeds Charisma sowie die Angst vor dem Ende der Welt wie wir sie kennen führen zu den dramatischen Ereignissen in "Fall's End". So hören wir Joseph predigen: "The End is upon us! I shall lead you to the gates! For you are my children and I am your father!". Und wer nicht freiwillig mitmacht, wird mit Gewalt dazu gezwungen.

Gleichzeitig sieht man den (ehemaligen) Pastor Jerome Jeffries, der in einer zerstörten Kirche über Land, Gott und Freiheit spricht. Beide Charaktere werden so auf unterschiedliche Art und Weise im gleichen religiösen Raum der Kirche als religiöse Experten inszeniert. Auch am Ende des deutschsprachigen Trailers sowie in der Bewerbung auf der offiziellen Homepage von Ubisoft, wird ein religiöser Grundtenor weiterverfolgt: "'Far Cry 5' – Vertraue. Glaube. Folge." Dies zeigt sich schlußendlich ebenfalls in der musikalischen Untermalung des offiziellen Trailers durch "When The World's On Fire" von The Carter Family in dem es heißt: "Oh, my loving brother, when the world's on fire / Don't you want God's bosom to be your pillow".

Zumindest Teile der potentiellen Spieler – vor allem amerikanische – finden diese Formen der Darstellung von Religion und Nation jedoch wenig ansprechend und riefen zum Boykott auf. Eine Petition und Aufforderung an die Entwickler von Ubisoft wurde veröffentlicht, "Far Cry 5" aufgrund der Darstellung der Charaktere, der US-amerikanischen Nation sowie der Inszenierung von Religion entweder zu überarbeiten oder das Spiel komplett einzustellen. In zahlreichen Diskussionen auf unterschiedlichsten Medienplattformen wie Twitter, wurde seit Ende Mai erörtert, ob "Far Cry 5" nun anti-christlich und anti-amerikanisch sei.

Religiöse Inhalte und Games

Dies zeigt deutlich die Bandbreite der Interpretation, die durch die Vermittlung von Inhalten in einem Medium möglich ist, wobei die Frage nach der Form des Mediums auch immer wieder ins Zentrum rückt. Religiöse Inhalte können sowohl von Schriftrollen, bemalten Kirchenfenstern oder eben aber auch audio-visuellen Medien, wie Games, vermittelt werden – im Vordergrund steht die Weitergabe von Informationen und die Verwendung von bekannten Zeichen und Symbolen. Dabei ist natürlich zu beachten, ob die Produzenten eine dezitiert religiöse Botschaft übermitteln wollen oder nur mit religiösen Versatzstücken arbeiten. Ob Sender und Empfänger einer Botschaft diese Informationen auch gleich verstehen beziehungsweise interpretieren, ist wieder eine andere Frage, der schon Stuart Hall² in den 1970er-Jahren nachging. Wichtig dabei ist, dass Zeichen und Symbole verstanden werden, um interpretiert werden zu können. Interpretationen gibt es aber natürlich viele.

Das Artwork von "Far Cry 5" nimmt Anleihen an DaVincis "Das Abendmahl".
Foto: Ubisoft

Unabhängig von den gegenwärtigen Entwicklungen in der US-amerikanischen Gesellschaft wird deutlich, dass Themen wie Race, Class, Gender und eben auch Religion in medialen Produktionen immer noch für Aufregung sorgen. Auch wenn die Darstellung von Religion im Fall von "Far Cry 5" weder besonders provokant noch innovativ ist. Mediale Anlehnungen an Leonardo DaVincis "Das Abendmahl" wie im Artwork zu "Far Cry 5", finden sich in zahlreichen westlichen Medienproduktionen der letzten Jahre: Zum Beispiel in der vierten Staffel von "Battlestar Galactica" oder als Album-Cover von Steel Panther und erzeugen immer wieder mehr oder weniger intensive Gegenreaktionen. Und auch andere Games wie "Bioshock Infinite" griffen bereits vor einigen Jahren zentrale Kategorien der Konstruktion von Nation zwischen Imperialismus, Race und Religion im Genre der Games auf.

Darstellung einer Kirche in "Far Cry 5".
Foto: Ubisoft

Dennoch erscheint gerade die Auseinandersetzung mit Religion und Nation und die Form der Umsetzung in "Far Cry 5" in den USA im Jahr 2017 einen besonderen Nerv zu treffen. Es bleibt offen, ob die hier angestoßene Kontroverse sich tatsächlich bis zur Veröffentlichung hält und welche Rolle diese religiösen und nationalen Aspekte dann schlussendlich im Spiel einnehmen werden. (Lisa Kienzl, 21.6.2017)

¹ Robert N. Bellah: Civil Religion in America. In: Daedalus. Journal of the American Academy of Arts and Sciences, 96 (1967), Boston, Massachusetts, S. 1–21.
² Hall, Stuart: Encoding/decoding. In: Working Papers in Cultural Studies, 1972-79. Ed. by Centre for Contemporary Cultural Studies. London: Hutchinson 1980, S. 128-138.

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