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Mohammed bin Salman sinkt vor seinem 26 Jahre älteren Cousin Mohammed bin Nayef in die Knie.

Foto: Saudi Press Agency/Handout via REUTERS

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Der neue Kronprinz: Mohammed bin Salman bin Abdulaziz Al Saud, der im August 32 Jahre alt wird. Er wird wohl in absehbarer Zeit seinen Vater, König Salman, beerben.

Foto: Reuters / Bandar Algaloud

Riad/Rom – Es wird als Dokument in die saudische Geschichte eingehen: der 31-jährige Königssohn Mohammed bin Salman, der vor seinem 26 Jahre älteren Cousin Mohammed bin Nayef, dem er soeben die Macht abgenommen hat, in die Knie sinkt und dessen Hände küsst. Dass der eine Mohammed (MbS) den anderen (MbN) als Kronprinz Saudi-Arabiens ablösen wird, war erwartet worden, kam aber dennoch wie ein Paukenschlag.

Denn mit dem königlichen Dekret von Mittwoch wird auch das System der Thronfolge im wahhabitischen Königreich geändert. Sie soll auch in der nächsten Generation im Familienzweig des aktuellen Königs, Salman bin Abdulaziz, bleiben. Nach dem Tod des Staatsgründers Abdulaziz Al Saud 1953 ging ja der Thron von Bruder zu Bruder, damit blieben alle mächtigeren Familienstränge im Spiel – und die riesige Familie Saud so halbwegs vereint. Jetzt gibt es einen Strang, der die Macht an sich reißt: So werden es wohl manche in der Familie trotz Einigkeit nach außen sehen.

"Anti-Terror-Zar"

Die Machtübernahme von Mohammed bin Salman war zügig – ob sorgfältig genug, wird sich zeigen – vorbereitet worden. Die letzten entscheidenden Schritte wurden im April gesetzt, mit bedeutenden Einschnitten ins Ressort des jetzt abgesetzten Kronprinzen Mohammed bin Nayef, der ja auch Innenminister war. MbN, der besonders von US-Medien als "Anti-Terror-Zar" bezeichnet und für seine Kooperation in der internationalen Terrorismusbekämpfung gelobt wurde – ein Thema, bei dem Saudi-Arabien ja lange alles andere als glaubwürdig war –, hat auch dieses Amt verloren. Nachfolger ist ein erst 33-jähriger Neffe von MbN, der jedoch MbS nahesteht, Abdulaziz bin Saud bin Nayef.

Aus dem königlichen Kommuniqué geht hervor, dass eine Mehrheit des Kronrats für die Rochade zugunsten von MbS und für die Neuregelung war. Dieser Kronrat, der von König Salmans Vorgänger Abdullah geschaffen worden war und eigentlich die Wahl des Kronprinzen zu einer von den wichtigsten Familienmitgliedern ausgehandelten Angelegenheit machen sollte, ist im Grunde stets Makulatur geblieben. Bisher werden nur die Entscheidungen des Königs abgesegnet.

Rücktritt zu erwarten?

Ob König Salman, der 81 alt und – nach einigen Berichten, die andere energisch bestreiten – auch geistig gebrechlich ist, die treibende Kraft hinter den Veränderungen war, ist umstritten. Manche Beobachter erwarten, dass Salman bald zugunsten von MbS zurücktreten könnte. Der Aufstieg des jungen Prinzen begann mit dem Tod König Abdullahs im Jänner 2015. Als MbS’ Vater Salman König wurde, übernahm MbS von diesem das Amt des Verteidigungsministers und wurde Chef des königlichen Hofs. Salman machte Mohammed bin Nayef zum Vizekronprinzen, zum Kronprinzen stieg Muqrin bin Abdulaziz, Salmans und Abdullahs Halbbruder, auf. Aber bereits im April 2015 verzichtete Muqrin, der immer als "schwacher" Prinz galt, zugunsten von MbN – und MbS wurde von seinem Vater zum Vizekronprinzen ernannt. Das Amt des Verteidigungsministers behielt (und behält) er. In neu geschaffenen Institutionen für Wirtschaft und Sicherheit war er federführend.

MbS gilt als Initiator einer völlig neuen aggressiven Außenpolitik, aber auch eines wirtschaftlichen Reformkurses, noch vage formuliert als "Vision 2030", der die Abhängigkeit Saudi-Arabiens vom Erdöl mindern soll. Alle jüngsten saudischen Projekte – von der Idee einer sunnitischen Verteidigungsallianz bis zur innigen Umarmung der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA – werden seinem Konto gutgeschrieben.

Katar und Jemen

Es gibt aber auch Kräfte, die den neuen saudischen Weg für gefährlich halten: besonders die jüngste Eskalation mit Katar, über die der jetzt abgesetzte Kronprinz, der ein besonnener Pragmatiker war, alles andere als begeistert gewesen sein soll. Auch die saudische Intervention im Jemen, die auch zwei Jahre nach ihrem Beginn im März 2015 nicht die erwünschten Resultate – die Kapitulation der Huthi-Rebellen – gebracht hat, wird innerhalb des Königreichs von manchen kritisch gesehen.

Die diplomatische und wirtschaftliche Isolation, die Katar in die Knie zwingen sollte, ging gemeinsam von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) aus. Es wird behauptet, dass MbS im Tandem mit Mohammed bin Zayed Al Nahyan vorgeht, dem Kronprinzen Abu Dhabis, eines der Emirate. Manche bezeichnen den 56-Jährigen, der auch Vizekommandeur der emiratischen Streitkräfte ist, sogar als treibende Kraft der Politik von MbS. Als Strippenzieher, der die Beziehungen zu Trump hergestellt haben soll, gilt der emiratische Botschafter in den USA, Yousef al-Otaiba, der als einer der einflussreichsten ausländischen Diplomaten in Washington bezeichnet wird. Saudischer Botschafter in Washington ist seit kurzem ein anderer Sohn des Königs, Khaled. (Gudrun Harrer, 21.6.2017)