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Für die Bewohner von Brüssel ist die Präsenz von Soldaten in der Stadt mittlerweile ein gewohntes Bild.

Foto: AP/Mayo

Die EU-Hauptstadt Brüssel ist Dienstagabend bei einem versuchten Bombenanschlag durch einen 36-jährigen Marokkaner im Zentralbahnhof im Herzen der Stadt nur knapp einer Katastrophe entgangen. Das hat der für Ermittlungen bei mutmaßlichen Terrorattacken zuständige Staatsanwalt Eric van der Sijpt Mittwoch bei einer Pressekonferenz bestätigt. Nur dem Umstand, dass der in einem Koffer eingebaute Sprengkörper aus Gasflaschen und Nägeln nicht funktioniert habe, sei es zu verdanken, dass es auf einem Bahnsteig keine Toten oder Verletzten gab. "Aber es war klar, dass er mehr Schaden anrichten wollte", erklärte van der Sijpt.

Der Vorfall hatte im Stadtzentrum, nur wenige Hundert Meter von der Grand Place beim Rathaus entfernt, einen Großalarm von Polizei und Rettungskräften ausgelöst. Nach Darstellung des Staatsanwalts habe der Attentäter, der seit drei Jahren in der Brüsseler Problemgemeinde Molenbeek wohnte und bisher nur wegen Drogendelikten aufgefallen war, den Bahnhof um 20:44 Uhr allein betreten. Angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit hielten sich dort nach Angaben der Bahnbehörde nur etwa 100 Personen auf. Zu Stoßzeiten ist das ein mit Menschen überfüllter Verkehrsknotenpunkt, wo Bahn, Metro und Buslinien zusammenlaufen. Der Mann, später als Oussama Z. identifiziert, habe dann bewusst eine Personengruppe bei den Bahnsteigen angesteuert und versucht, den Sprengkörper zu zünden. Das sei aber nicht gelungen. Es habe zunächst nur eine kleinere Stichflamme gegeben, so der Ermittler, später eine zweite kleine Explosion. Es kam niemand zu Schaden.

Der Täter sei nach dem missglückten Zünden der Bombe auf einen der Soldaten zugelaufen, wie sie seit den Terroranschlägen vom März 2016 an allen sensiblen Plätzen in Belgien zur Bewachung eingesetzt sind. Ein Zeuge berichtete, dass er dabei "Allahu akbar" (Gott ist groß) ausgerufen habe. Der Soldat habe das Feuer auf den Mann eröffnet und ihn "neutralisiert", wie es hieß. Da befürchtet wurde, dass er einen Sprengstoffgürtel tragen könnte, wurde er von Entschärfungsexperten untersucht, nicht von Rettern. Er wurde erst Stunden nach dem Vorfall für tot erklärt.

Ersten Erkenntnissen zufolge gab es keinen Hinweis auf ein islamistisches Netzwerk im Hintergrund. Es dürfte sich wie tags davor in Paris um einen Einzeltäter handeln. Allerdings gibt es laut Staatsanwaltschaft Hinweise, dass der Mann IS-Anhänger war. Premierminister Charles Michel rief zur Wachsamkeit auf. Die zweithöchste Terrorwarnstufe bleibt bestehen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 21.6.2017)