Tokio/Brüssel/Wien – Rund um den G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer am 7. und 8. Juli in Hamburg dürfte, sollte nicht noch etwas dazwischenkommen, ein anderes Vorhaben festgezurrt werden, das vor allem in Umweltkreisen für Aufregung sorgt: das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan – Jefta.
Es handelt sich dabei volumenmäßig um eines der größten Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat. Die Verhandlungen dazu laufen seit 2013 – völlig geheim und intransparent, wie Kritiker sagen. Vertrauliche Dokumente, die Greenpeace Niederlande zugespielt bekommen hat, zeigen beträchtliche Mängel, was beispielsweise die Absicherung von Umweltstandards im Handelsabkommen betrifft.
Schwammige Bestimmungen
So sind etwa die Bestimmungen zur Bekämpfung von illegaler Abholzung schwach ausgeprägt. Obwohl Japan als eines von nur drei Ländern weltweit kommerziellen Walfang betreibt, kommt das Thema im Text kein einziges Mal vor.
In verschiedenen Punkten falle das Nachhaltigkeitskapitel sogar hinter das entsprechende Kapitel in Ceta zurück. Bei Ceta handelt es sich um das im vorigen Herbst von der EU-Kommission abgeschlossene und vorläufig in Kraft getretene Freihandelsabkommen mit Kanada. Dieses muss noch von den EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, um vollumfänglich in Kraft treten zu können.
Ceta als Wahlkampfthema
In Österreich wollen die Grünen Ceta zum Wahlkampfthema machen. Weil bei Ceta über die regulatorische Kooperation eine Nivellierung von Umweltvorschriften nach unten befürchtet wird, sollen SPÖ und ÖVP vor der Wahl Farbe bekennen, wie sie es damit halten, hatte der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, unlängst dem STANDARD gesagt. Misstrauen aufgrund der intransparenten Verhandlungsführung scheint sich nun im Fall von Jefta zu wiederholen.
"Die EU-Kommission hat beteuert, dass man die höchsten Standards in EU-Handelsabkommen hochhalten werde. Geht es nach den Dokumenten, die wir einsehen konnten, wurde dieses Versprechen gebrochen", sagte Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace Österreich. Außerdem zeige sich, dass die in Jefta vorgesehenen Sonderklagerechte für ausländische Investoren noch problematischer ausfallen könnten als in Ceta. Was die regulatorische Kooperation betrifft, belegten bereits im März geleakte Dokumente, dass durch Jefta im Gesetzgebungsprozess eine Stärkung von Lobbys und Wirtschaftsinteressen gegenüber anderen öffentlichen Interessen drohe.
"EU-Kommission hat nichts gelernt"
"Die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedsstaaten haben aus der massiven öffentlichen Kritik an TTIP (Freihandelsabkommen mit den USA, das derzeit auf Eis liegt; Anm.) und Ceta offenbar nichts gelernt", sagte Egit. Die Dokumente machen deutlich, dass beim EU-Japan-Abkommen sogar noch intransparenter als bei TTIP vorgegangen wird. Die Bundesregierung müsse dringend die Notbremse ziehen und gegen eine Aushöhlung von Umweltstandards vorgehen. (Günther Strobl, 23.6.2017)