Hama – In der syrischen Führung wächst offenbar die Zuversicht, in dem seit sechs Jahren anhaltenden Bürgerkrieg die Oberhand zu gewinnen. Präsident Bashar al-Assad wagte sich am Sonntag so weit aus der Hauptstadt Damaskus wie seit langem nicht mehr. In einer Moschee in der 185 Kilometer entfernt liegenden Stadt Hama betete er anlässlich des Feiertages zum Ende des Fastenmonats Ramadan.

Am Samstag entließ die Regierung 672 Gefangene aus der Haft, um nach ihrer Darstellung den Versöhnungsprozess im Land zu fördern. In der Rebellenprovinz Idlib wurden Beobachtern zufolge bei der Explosion einer Autobombe zehn Menschen getötet.

Im vergangenen Jahr hatte Assad das Ende des Fastenmonats in Homs begangen, das 40 Kilometer näher an Damaskus liegt als Hama. Das Staatsfernsehen zeigte Assad inmitten zahlreicher Geistlicher in der Nähe einer großen Menge von Gläubigen zu sehen. Der Prediger sagte der amtlichen Nachrichtenagentur SANA zufolge, die Anwesenheit Assads zeige, dass der Sieg und die Rückkehr zur Sicherheit im Land nur noch wenige Schritte entfernt seien. Mit dem Eingreifen Russlands 2015 hat sich die militärische Lage für Assad deutlich verbessert. Zudem werden in den Ländern des Westens die Forderungen nach einem Abtritt Assads leiser.

Kein Ende des Krieges

Dennoch ist noch kein Ende des Krieges abzusehen. Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", "nach sechs Jahren dieses Kriegshorrors" könne man "nur schwerlich optimistisch sein". Beide Seiten seien noch immer nicht bereit, direkt miteinander zu reden. Und die Kriegsparteien seien "traurigerweise sehr kreativ darin", Wege zu finden, wie sie ihre Kämpfe fortführen könnten.

Rebellen-Milizen kontrollieren noch weite Teile des Landes insbesondere um die Provinz Idlib, die in der Nähe von Hama liegt. In der Provinz kämpfen mehrere Rebellengruppen und die Islamistenmiliz IS gegeneinander.

Ein Massaker in Hama im Jahr 1982 gehören zu den dunkelsten Kapiteln der Herrschaft der Assad-Dynastie. Damals ließ Hafez al-Assad, der Vater von Bashar al-Assad, einen Islamisten-Aufstand blutig niederschlagen. Mindestens 20.000 Menschen dürften damals niedergemetzelt worden sein. Große Teile der Stadt wurden dem Erdboden gleichgemacht.

Bei dem Autobombenanschlag in der Stadt Al-Dana an der türkischen Grenze wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 30 weitere Menschen verletzt. Bei einem israelischen Luftangriff kamen Armeekreisen zufolge mehrere Zivilisten ums Leben. Die israelische Armee sprach von einer Reaktion auf einen Granatenbeschuss der besetzten Golanhöhen aus Syrien.

Gefangenenfreilassung

Justizminister Hisham al-Shaar begründete die Gefangenenfreilassung am Samstag damit, dass die Häftlinge versprochen hätten, nichts mehr gegen die nationale Sicherheit und Stabilität zu unternehmen. Die Regierung verwendet den Begriff Versöhnung für Vereinbarungen mit Rebellen. Dabei akzeptieren diese ihre Entwaffnung und erkennen die Regierung an oder siedeln in Rebellengebiete um. Nach Angaben der Opposition und westlicher Staaten werden Zehntausende Syrer ohne Verfahren aus politischen Gründen festgehalten.

In der Nähe der IS-Hochburg Al-Raqqa wurden Dutzende einfache Mitglieder der Extremistenorganisation begnadigt und aus der Haft entlassen. Die Amnestie sei ein Zeichen des guten Willens, um für Stabilität zu werben, entschied der Rat, der die Stadt nach der Vertreibung des IS regieren soll. Unter den 83 Freigelassenen sei jedoch niemand, an dessen Händen Blut klebe, sagte Ratsmitglied Omar Alush der Nachrichtenagentur Reuters. Von den USA unterstützte Rebellengruppen haben eine Offensive gegen den IS in Al-Raqqa gestartet. (APA, 25.6.2017)