Moskitonetze zum Schutz vor Stechmücken sind immer noch eine extrem effiziente Maßnahme, um sich vor Malaria zu schützen.

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Die Erbauer hatten ihre guten Gründe. Wer auf Korsika die alten Dörfer besucht, stellt fest, dass die meisten Orte irgendwo an den Berghängen kleben. Nahe der fischreichen Lagunen der Ostküste wollte offenbar kaum jemand leben. Heute ist das natürlich anders. Die historische Präferenz fürs Landesinnere indes, die auch anderswo im mediterranen Raum auftrat, entsprang Fachleuten zufolge einer doppelten Risikovermeidung. Zum einen drohte vom Meer her das Einfallen fremder Streitkräfte oder marodierender Piraten. Die zweite Gefahr war in feuchten Gegenden dauerhaft präsent und mitunter genauso tödlich: Malaria.

Wahrscheinlich ist die Seuche eine der ältesten Geißeln der Menschheit. Schon in der Antike wurden die typischen Symptome einer Malariaerkrankung mehrfach beschrieben. Den Erreger hingegen kannte man damals noch nicht – kein Wunder, denn die Einzeller der Gattung Plasmodium sind nur wenige Mikrometer groß und für das bloße Auge unsichtbar.

Von den bisher bekannten Plasmodiumarten haben sich vier perfekt an das parasitische Leben im menschlichen Körper angepasst. Sie kommen normalerweise nicht bei anderen Säugern vor. Für ihre Übertragung und einen Teil ihres Vermehrungszyklus jedoch sind die Mikroschmarotzer auf Stechmücken angewiesen. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist unmöglich.

Verheerende Bilanz

Laut Erhebungen der Weltgesundheitsorganisation WHO erkrankten 2015 global nicht weniger als 212 Millionen Personen an Malaria, circa 429.000 Patienten starben daran. Die erschreckend hohen Zahlen sind allerdings am Sinken. In Bezug auf die Neuinfektionen konnte seit 2010 weltweit ein Rückgang von 21 Prozent verzeichnet werden. Bei den Todesfällen waren es 29 Prozent. Die Verringerung der malariabedingten Mortalität, vor allem unter Kleinkindern, hat die Lebenserwartung in afrikanischen Ländern laut WHO signifikant erhöht. Die Erfolge basieren hauptsächlich auf einer verbesserten Verfügbarkeit von Medikamenten und Diagnosemitteln. Je schneller die Krankheit erkannt wird, desto höher die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie.

Sie ist die Überträgerin des Einzellers Plasmodium, der Menschen langfristig krank macht.
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Der Einsatz von chemisch behandelten Moskitonetzen spielt bei der Malariabekämpfung ebenfalls eine zentrale Rolle. Sie sind mit Permethrin oder vergleichbaren Insektengiften imprägniert und schützen den Schlafenden somit nicht nur direkt vor den nachtaktiven Mücken, sondern töten die von den Körpergerüchen angelockten Blutsauger auch ab. Die Netze werden aber nicht immer konsequent verwendet. Bei sehr warmer Witterung neigen Menschen gerne dazu, sie abzuhängen.

Als Zusatzmaßnahme haben Experten deshalb Spezialtapeten mit Insektiziden entwickelt. Die aus Kunstfasern hergestellten Gewebebahnen sind kostengünstig und können leicht in jeder Art von Hütte angebracht werden. In ersten Praxistests hat der Ansatz bereits Wirkung gezeigt. Ob die Wandbedeckungen Moskitopopulationen auch langfristig in Schach halten können, bleibt abzuwarten. Immer mehr Stechmückenstämme entwickeln zurzeit Resistenzen gegen Permethrin & Co. Der Giftschutz nutzt nicht mehr.

Trickreich in der Bekämpfung

Ähnliche Schwierigkeiten tun sich bei der Behandlung von Malariainfizierten auf. Mit Artemisinin stand Ärzten jahrelang ein gutes Therapeutikum zur Verfügung. Der Wirkstoff stammt aus dem Beifußgewächs Artemisia annua, welches in der traditionellen chinesischen Medizin seit jeher als Mittel gegen Malaria verwendet wird. 1981 gelang der Pharmakologin Youyou Tu der Nachweis, dass das Artemisinin aus dem Pflanzenextrakt die Parasiten abtötet. Für ihre Entdeckung bekam sie 2015 den Nobelpreis.

Seit einigen Jahren jedoch zeigt sich eine wachsende Anzahl von Malariaerregern resistent. Um dem entgegenzutreten, setzen Mediziner auf Kombinationspräparate mit weiteren Wirkstoffen wie Lumefantrin. Das Kalkül dahinter: Wenn die Einzeller mit mindestens zwei biochemischen Waffen gleichzeitig angegriffen werden, ist ihre Überlebenschance minimal. Noch geht diese Rechnung meistens auf, aber es gibt zunehmend Ausnahmen. In Kambodscha sind schon Plasmodien mit Resistenzen gegen vier verschiedene Wirkstoffe aufgetreten.

Die Lösung des Problems könnte womöglich wieder aus der Ethnobotanik kommen. In Madagaskar wird das weitgehend veraltete Malariamittel Chloroquin noch immer von vielen Patienten mit chronischer Malaria eingenommen – in relativ niedriger Dosierung.

Zusätzlich verabreicht man ihnen Extrakte von unterschiedlichen einheimischen Pflanzenarten. Nun haben italienische Forscher zwölf solcher Auszüge im Labor analysiert und getestet. Sie fanden eine Reihe von Alkaloiden mit toxischer Wirkung gegen Malariaerreger. Diese Stoffe dürften die geschwächte Effektivität von Chloroquin wieder verstärken, meinen die Wissenschafter. Das traditionelle Wissen der lokalen Bevölkerung hätte somit seine eigenen Kombinationstherapien hervorgebracht. Weitere Studien dieser Art könnten helfen, im andauernden Wettrüsten zwischen Mensch und Parasit die Oberhand zu gewinnen. (Kurt de Swaaf, 27.6.2017)

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