Die ÖVP will so schnell wie möglich Whatsapp und andere Messenger überwachen.

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Selten hat sich ein ÖVP-Politiker so auf ein Thema versteift. Für Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter gibt es derzeit fast nur ein Thema: Er will das sogenannte Sicherheitspaket noch vor der Wahl im Oktober durch das Parlament bringen. Kaum ein Interview oder eine Presseaussendung, in der er nicht dafür trommelt. Neben der Erfassung von Autokennzeichen und dem Einsatz privater Videokameras zur Überwachung des öffentlichen Raumes sollten künftig auch die Kommunikation via Whatsapp und andere Messenger-Dienste überwacht werden können. Da die Zeit drängt, soll das Paket ohne große öffentliche Diskussion oder Begutachtung durch den Nationalrat beschlossen werden. Für Brandstetter sei "lange genug geredet worden", wie er vor wenigen Tagen anmerkte.

SPÖ will Begutachtung

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sieht das anders. Er kündigte am Montag an, dass das Sicherheitspaket in der kommenden Plenarwoche nicht beschlossen werde. Er besteht auf einer Begutachtung, da es sich um eine datenschutzrechtlich heikle Materie handle. Aus Sicht der SPÖ müsse sichergestellt sein, dass bei der Überwachung von Whatsapp die gleichen Bedingungen herrschen wie bei Telefonaten. Sei das ohne Bundestrojaner möglich, solle Brandstetter das belegen und die Begutachtung beginnen. An sich wäre es kein Problem, das entsprechende Gesetz erst im September und damit auch noch vor der Wahl zu beschließen. Ob Brandstetter wirklich den Bundestrojaner einsetzen will, ist unklar. In den letzten Monaten gab es dazu äußerst widersprüchliche Stellungnahmen, die für Irritationen bei der SPÖ sorgten.

Gespenst "Bundestrojaner"

Am 11. Mai dieses Jahres sagte Brandstetter in einer Fragestunde im Bundesrat, dass heimische Behörden dafür die "Endverschlüsselung der Dienste knacken" werden. Keinesfalls soll der Bundestrojaner zum Einsatz kommen. Dieser sei "nur ein Gespenst, das immer an die Wand gemalt werde". Aber ohne dieses "Gespenst" einer Spionagesoftware, die sich auf Handys einnistet und geheim Daten an ihre Betreiber überträgt, ist eine Überwachung von Whatsapp und anderen Diensten technisch nicht möglich, da die starke Verschlüsselung von Messenger-Diensten nicht geknackt werden kann. Aus diesem Grund setzen etwa deutsche Geheimdienste und Strafverfolger auf den Bundestrojaner.

Das ist auch dem Justizministerium klar. In einer E-Mail vom 2. Mai an den STANDARD heißt es: "Whatsapp-Nachrichten werden mittels 'End-to-end-Verschlüsselung' versendet und können momentan von den Strafverfolgungsbehörden 'mangels Schlüssel' nicht überwacht werden. Dieses Problem kann über Installation einer Software direkt im zu überwachenden Computersystem noch vor Verschlüsselung oder bereits nach Entschlüsselung gelöst werden." Es ist die gleiche Vorgehensweise, zu der auch Online-Kriminelle greifen.

"Die Behauptung ist schlicht technisch nicht gedeckt"

Für den Klubobmann der Grünen, Albert Steinhauser, ist völlig klar, dass die Überwachung von Whatsapp "ausschließlich mit einer Trojaner-Software möglich" ist. "Die Behauptung von Justizminister Brandstetter, dass das ohne Trojaner-Software möglich wäre, ist schlicht technisch nicht gedeckt", so Steinhauser zum STANDARD. Auch gibt es nur wenige Wege, um derartige Spähsoftware heimlich auf Smartphones oder Computern zu installieren. Eine Möglichkeit für die Behörden, auf die Handys zu kommen, wäre, Sicherheitslücken in der Software zu kennen und ausnutzen zu können.

IT-Sicherheitsexperten werden nicht müde zu warnen, dass solche Schwachstellen, die man bewusst bestehen lässt, gefährlich sind, weil sie auch von Kriminellen entdeckt und missbraucht werden können. Für Thomas Lohninger von der Datenschutz-NGO Epicenter.works (vormals AKvorrat) schafft ein "Bundestrojaner mehr Probleme für Österreichs Sicherheit, als er löst. Der Staat darf nicht in die Unsicherheit unserer Geräte investieren. Das kann katastrophale Konsequenzen haben."

Mit dem Bundestrojaner Wolfgang Brandstetter bisher wenig Glück.
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Mit dem Bundestrojaner hatte Brandstetter bisher wenig Glück. Im vergangen Jahr musste er einen Gesetzesvorschlag zurückziehen, der den Einsatz der Spähsoftware ermöglichen sollte.

Schon 2007 wollte der damalige Innenminister Günther Platter (ÖVP), den Bundestrojaner an den Start bringen. Eine Kommission des Verfassungsrechts Experten Bernd-Christian Funk hatte den Einsatz staatlicher Schadsoftware jedoch als verfassungswidrig bezeichnet. Der Einsatz von Bundestrojanern wird vermutlich auch für Datenschutz-Probleme sorgen, da Handys mittlerweile immer mehr Informationen über das Leben ihrer Nutzer hüten: Kontakte, Fotos, Dokumente, Aufenthaltsorte, Kontodaten oder Gesundheitswerte (sum, 27.6. 2017)