Georg Haberfehlner erstellt 3D-Modelle von Atomstrukturen in Gold- und Silberpartikeln.

Foto: FELMI-ZFE

Auch wenn Gold und Silber seit Jahrtausenden die Kultur des Menschen prägen, sind längst nicht alle Eigenschaften dieser Metalle vollständig verstanden. Die umfassende Erforschung der mechanischen, optischen und elektronischen Eigenschaften der Materialstrukturen legt die Basis für neue Anwendungen, etwa im Bereich der Computer- und Informationstechnik.

Georg Haberfehlner trägt mit seiner Grundlagenforschung – im wahrsten Sinne – zu einem tieferen Verständnis der Materie bei. Der am Zentrum für Elektronenmikroskopie (ZFE) Graz und am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik (FELMI) tätige Physiker erforscht die Eigenschaften von Materie in kleinsten Dimensionen. Bei Experimenten mit dem österreichischen Transmissionselektronenmikroskop ASTEM am ZFE Graz dringt er in den Bereich einzelner Atome vor.

"Wir schauen uns beispielsweise Goldpartikel an, die nur aus wenigen Tausend Atomen bestehen", sagt Haberfehlner. "Der Elektronenstrahl des Mikroskops geht durch die Probe durch und erzeugt eine Art Schattenbild, eine Projektion, auf der anderen Seite." Anhand der Eigenschaften dieser Projektionen – etwa Streuung oder Energieverlust der Elektronen – können vielfältige Rückschlüsse auf die Struktur und die Chemie der Probe gezogen werden, erläutert der Physiker.

Im Feld der Elektronentomografie werden mehrere der "Schattenbilder" kombiniert, um die Atome chemisch zu identifizieren und ein 3D-Modell ihrer Positionen zu erstellen. Eine derartige Arbeit zur Bildung von Gold- und Silberatomclustern, die Haberfehlner und Kollegen im Fachblatt "Nature Communications" veröffentlichten, wurde kürzlich von der Österreichische Gesellschaft für Elektronenmikroskopie mit dem jährlich vergebenen Fritz-Grasenick-Preis ausgezeichnet.

Eine weitere, im selben Journal publizierte Arbeit beleuchtet die optischen Eigenschaften der kleinsten Metallpartikel. Lichtteilchen können in sogenannten Plasmonenfeldern an Nanopartikel gekoppelt und auf diese Art "eingefangen" werden. Es entstehen elektromagnetische Felder, die Haberfehlner und Kollegen erstmals mit tomografischen Methoden vollständig dreidimensional abbilden konnten. Die Plasmonik könnte neue Anwendungen in Sensorik, Fotovoltaik und Datenspeicherung bringen.

Neben dieser Grundlagenforschung unterstützt Haberfehlner mit seinen Analysen und 3D-Modellierungen auch Entwickler von neuen Materialverbindungen und Legierungen. Deren Festigkeit und mechanische Eigenschaften hängen von der Verteilung und den chemischer Verbindungen der atomaren Strukturen ab.

Dem 1983 in Niederösterreich geborenen Physiker war schon früh klar, dass "etwas Technisches" seine Karriere bestimmen wird: "Mir ist relativ leicht gefallen, diese Sachen zu verstehen." Sein Technik-Faible führte ihn an die TU Wien, wo er Elektrotechnik studierte, an die City University of New York und vier Jahre lang ans CEA-Leti in Grenoble, eines der größten Forschungsinstitute für Mikroelektronik und Nanotechnologien Europas. Für Haberfehlner hatte Grenoble wie später Graz noch einen weiteren Vorteil: "Die Berge sind nicht weit. Man kann klettern, mountainbiken und auf Skitouren gehen." (Alois Pumhösel, 1.7.2017)