Vergangenes Jahr verteilte Julian Baumgartlinger nach einem Testspiel in Zell am See Autogramme. Hannes Empl würde das "nie verbieten".

Foto: APA/EXPA/JFK

Rapids Stefan Stangl und Nordin Amrabat in einem Testspiel zwischen Rapid und Galatasaray 2014.

Foto: apa/hochmuth

Organisiert Fußballcamps: Hannes Empl.

Foto: Times of Malta

Leogang – Der österreichische Fußballfan hat es nicht immer leicht, wenn er Wert auf ballesterische Qualität legt. Einmal im Jahr schnellt das Niveau auf den rot-weiß-roten Grüns aber in die Höhe: Im Frühsommer, wenn die Trainingslager Saison haben. Jahr für Jahr geben sich namhafte Klubs ein Stelldichein an Standorten von Niederösterreich bis Vorarlberg.

Dabei oft mit im Spiel ist Hannes Empl. Der Ex-Profikicker ist der Cheforganisator der Agentur SLFC (Salzburger Land Fußball Camps), die in Österreich der größte Anbieter von Trainingslagern ist. Im Interview spricht er über Sorgen vor Fankrawallen, das "super zahlende" Leicester City und charmante Wege, Problemklubs zu vermeiden.

STANDARD: Haben Sie nach all den Jahren einen Lieblingsgast?

Hannes Empl: (lacht) Stammkunden sind Lieblingsgäste.

STANDARD: Stach ein Team besonders heraus?

Empl: In den letzten Jahren definitiv Chelsea. Es war eine Überraschung, dass sie gekommen sind.

STANDARD: Gehen Sie bei der Organisation auf die Klubs zu oder umgekehrt?

Empl: Mittlerweile kommen sie auf uns zu, das war aber nicht immer so. Früher haben wir Angebote verschickt, mittlerweile hat sich das Blatt gewendet.

STANDARD: Die ganz Großen machen mittlerweile Welttourneen. Versuchen Sie überhaupt noch, sie für Kurztrainingslager zu bekommen?

Empl: Auf jeden Fall, man soll nichts unversucht lassen. Manchmal fällt auch ein bisschen was für uns ab, da ist man definitiv immer dran. Wir brauchen uns mit einer Welttournee nicht zu messen, weder finanziell noch spieltechnisch. Die spielen da vor 70.000 bis 100.000 Zuschauern.

STANDARD: Wie viele "normale" Klubs à la Hannover braucht es, um Chelsea aufzuwiegen?

Empl: Gut und schön, dass Chelsea da war, es war ein Highlight – aber touristisch hat der deutsche Markt in den Regionen, in den wir vertreten sind, einen viel größeren Stellenwert. Es ist aber schwer zu beurteilen, wie viel man da braucht. Für eine Region ist ein italienischer Verein viel mehr wert als ein deutscher, in einer anderen Region ist es umgekehrt.

STANDARD: Sagen Ihnen die Klubs, was genau sie wollen, oder liefern Sie fertige Pakete? Brno und Schalke werden ja nicht das gleiche Budget haben.

Empl: Natürlich kannst du einem deutschen Bundesligisten nicht dasselbe Produkt anbieten wie einem tschechischen Verein. Man kennt seinen Kunden aber sehr genau, außerdem bekommt man auch von namhaften Klubs oft eine Budgetvorgabe.

STANDARD: Wer hat heuer das größte Rundum-sorglos-Paket?

Empl: Ich glaube, das ist Leicester City. Die sind im Schlosshotel in Velden untergebracht. Ich glaube, die haben super gezahlt.

Der damals frischgebackene englische Meister Leicester City war schon im Vorjahr zu Besuch in Österreich.
Foto: APA/Robert Jäger

STANDARD: Wie kommen die Testspiele zustande?

Empl: Eigentlich schlage ich sie vor. Das ist auch unsere große Stärke, dass wir so viele Teams aus verschiedenen Ländern da haben. Es ist ganz lustig, eigentlich bestimmen wir, gegen wen die Vereine spielen. (lacht) Ein guter deutscher Bundesligist wird nicht gegen einen Drittligaverein aus Slowenien spielen wollen, da wird schon auf Qualität und Land geschaut. Aber prinzipiell bringen wir die Vereine zusammen.

STANDARD: Sie sollen heuer türkische Topklubs abgelehnt haben. Wen konkret?

Empl: Abgelehnt haben wir sie nicht. Wir hatten in den letzten Jahren Besiktas und Galatasaray und sind dabei immer wieder auf massive Widerstände gestoßen. Mit örtlichen Behörden, der Polizei – es hat einige Vorfälle gegeben, und es wird immer schwieriger. Da ist die politische Situation, zudem sind die Fans emotionaler. Bei Trainingslagern und Testspielen können sie dem Team viel näher kommen, die Chance haben sie sonst ja gar nicht. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, türkische Großklubs nicht anzugreifen oder ihnen auf charmante Weise abzusagen.

STANDARD: Wurden Sie von diesen Teams heuer kontaktiert?

Empl: Logisch sind wir wieder von Besiktas und Galatasaray kontaktiert worden. Ich habe ja nicht gesagt, ich mache nichts für die, sondern es hat offiziell nichts mehr gegeben, es war nichts mehr in der benötigten Klasse verfügbar. Ich würde nie sagen: Den Verein will ich nicht – da haben einige Faktoren mitgespielt.

STANDARD: Wollen Sie gute Sicherheitsstandards als Alleinstellungsmerkmal für Ihre Trainingslager herausstreichen?

Empl: Schon, ja.

STANDARD: Vor zwei Jahren krachte es zwischen Eintracht und Leeds. Recherchieren Sie jetzt bei jedem Team, ob es da Fans mit gewissen Tendenzen gibt?

Empl: Prinzipiell kennen wir es schon. Was wir nicht kennen, sind die ganzen Fanfreundschaften und -feindschaften, die sind gar nicht ohne. Ein Beispiel: Die Eintracht-Fans haben eine Freundschaft mit den Wacker-Innsbruck-Fans. Also kann die Eintracht kein Testspiel mit Austria Salzburg machen, denn dann kommen die Innsbrucker nach Salzburg. Darauf werden wir teilweise von den Fanbeauftragten der Vereine hingewiesen, teilweise haben wir auch schon selbst ein bisschen Erfahrung.

2015 kam es bei Eintracht vs. Leeds zu hässlichen Szenen.
Foto: APA/NEUMAYR/MMV

STANDARD: Finanziert Ihre Agentur den kompletten Sicherheitsapparat?

Empl: Alle Spiele werden durch den ÖFB und die Behörden überprüft, dann bekommt man Auflagen. Teilweise tragen wir das, wenn es zu viel wird, muss man mit den Vereinen sprechen. Auch das Polizeiaufgebot wird vorgeschrieben und von uns bezahlt.

STANDARD: Im Hinblick auf den nächsten Sommer und die WM 2018: Haben Nationalteams andere Anforderungen als Klubs?

Empl: Im Endeffekt redet man von Qualität. Je besser das Team, desto mehr muss man sie "verstecken". Das ist aber bei Nationalteams und Klubs identisch.

STANDARD: Beugen Sie im Kontakt zu der lokalen Bevölkerung vor, um zu große Störungen zu vermeiden?

Empl: Wir mischen uns da nicht großartig ein. Wir wissen, was wir zu tun haben, und befolgen die Anweisungen der Security der Teams. Wir würden es nie verbieten, dass sich jemand Autogramme holt. Es relativiert sich eh alles – wenn man in China oder Singapur ist, stehen 30.000 vor dem Hotel. Bei uns sind es 200. Bei den guten Teams ist das Hotel aber mit Securitys vollgestopft, die Trainingsplätze sind von Securitys abgesperrt. Je besser, desto mehr Fürsorge und Abgeschiedenheit.

STANDARD: Wie läuft die Finanzierung allgemein? Zahlen die Teams, zahlen die Tourismusregionen zwecks Werbeeffekts?

Empl: Dass jemand eine Mannschaft einlädt, nur weil es ein großer Name ist – diese Zeiten sind vorbei. Die Tourismusorganisationen der Bundesländer kaufen nur werbliche Gegenleistungen zu. Das geht von massiven Beträgen für Bandenwerbung bis zu einem Zuschuss, weil die Teams ein paar Postings über die Region machen. Das sind Bandbreiten von 1.000 bis 500.000 Euro. (Martin Schauhuber, 28.6.2017)