Wien – Der 18-jährige Afghane, der am Samstagabend am Wiener Donauinselfest eine 21 Jahre alte Frau zu vergewaltigen versucht haben soll, ist gefasst. Er wurde Mittwochmittag in Wien-Hietzing festgenommen – aufgrund eines vom Gericht erlassenen Haftbefehls. Die Polizei nahm den Afghanen gegen 13.00 Uhr an seiner Wohnadresse in der Altgasse fest.

Der 18-Jährige soll am Samstagabend bereits auf der jungen Frau gesessen und ihr das T-Shirt vom Leib gerissen haben, als er von Polizisten runtergezerrt wurde. Die junge Frau blieb körperlich unversehrt. Dass der Afghane am Sonntagabend nach der polizeilichen Einvernahme vom Journalstaatsanwalt mit einer Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung auf freien Fuß gesetzt wurde, löste Kritik und auch erhebliches Unverständnis in den Sozialen Netzwerken aus.

Haftbefehl Mittwochmittag vollzogen

Auf die mediale Entrüstung reagierte die Staatsanwaltschaft Wien "blitzartig". Noch am Montag, und damit gerade einmal zwei Tage nach dem inkriminierten Geschehen wurde beim Landesgericht gegen den 18-Jährigen eine Anklage wegen versuchter Vergewaltigung eingebracht und zugleich die Erlassung einer Festnahmeanordnung beantragt. Der zuständige Richter, der die Verhandlung gegen den 18-Jährigen leiten wird, stellte diese aus, der Haftbefehl konnte Mittwochmittag vollzogen werden.

Unmittelbar nach dem Vorfall hatte die Anklagebehörde noch keinen hinreichende Gründe für eine Inhaftierung des Burschen gesehen. Der von der Polizei Sonntagabend kontaktierte Journalstaatsanwalt entschied, den Afghanen vorerst auf freiem Fuß zu belassen. Ein von den Polizeibeamten zuvor zurate gezogener Polizeijurist soll den Beamten demgegenüber dem Vernehmen nach versichert haben, die gesetzliche Grundlage für eine Haft wäre in diesem Fall jedenfalls gegeben.

Strengere Maßstäbe bei jungen Erwachsenen

"Nach der mündlichen Schilderung der Polizei war die Journalstaatsanwaltschaft der Ansicht, dass kein dringender Tatverdacht erkennbar ist", hatte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, dazu am Montag erklärt. Zudem verwies Bussek auf das fast noch jugendliche Alter des 18-Jährigen. Bei einem jungen Erwachsenen wären strengere Maßstäbe bei der Verhängung von Untersuchungshaft heranzuziehen, so die Behördensprecherin. Außerdem verfügte der Afghane über eine Meldeadresse.

Die Einschätzung der Anklagebehörde änderte sich allerdings, als ihr am Montag der schriftliche Bericht der Polizei übermittelt wurde. Aus diesem ging schwarz auf weiß hervor, dass die 21-jährige Frau Samstagabend vor einer Bühne am Donauinselfest von einer Gruppe männlicher Jugendlicher eingekreist und bedrängt wurde. Der nunmehr festgenommene 18-Jährige soll die junge Frau bei der Bühne erstmals umklammert und sie an den Brüsten und im Intimbereich begrapscht haben. Die 21-Jährige konnte sich vorerst losreißen und in Richtung Treppelweg flüchten.

Polizisten greifen ein

Der Tatverdächtige verfolgte sie, zerrte sie in ein Gebüsch und setzte sich auf die Frau. Dabei wurde er von Polizisten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) in Zivil beobachtet. Sie kamen der Frau, die unter Alkoholeinfluss stand, aber sich dennoch nach Kräften wehrte, zu Hilfe, zerrten den Burschen weg und sprachen die Festnahme aus.

Der Afghane, ein Asylberechtigter, bestritt einen Vergewaltigungsversuch in seiner Einvernahme. Vielmehr sprach er davon, dass er einvernehmlich mit der Frau getanzt habe und sie ihm freiwillig gefolgt sei. Sie seien dann beide zu Sturz gekommen und ins Gebüsch gefallen, behauptete der 18-Jährige.

Keine Erinnerung an genauen Tathergang

Die junge Frau hatte gegenüber der Polizei angegeben, sie hätte mit Freundinnen ein Konzert besucht und ihre Begleiterinnen vor dem Übergriff verloren und nicht wiedergefunden. Auch sei sie alkoholisiert gewesen. An den genauen Tathergang habe sie deshalb keine Erinnerung.

Dass die Anklage in diesem Fall derart rasch eingebracht wurde, ist durchaus ungewöhnlich. Üblicherweise wird ein Opfer eines sexuellen Übergriffs im Ermittlungsverfahren noch kontradiktorisch vernommen, um der Betroffenen ein persönliches Erscheinen als Zeugin in der Hauptverhandlung zu ersparen. Fraglich ist außerdem, ob sämtliche relevante Zeugen von den Kriminalisten überhaupt schon formell befragt waren, als die Staatsanwaltschaft ihre Anklage zu Papier brachte. (APA, 28.6.2017)