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Vor seinem Hubschrauberflug nahm der ehemalige Polizist Oscar Pérez ein Video auf, in dem er zum Widerstand gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro aufruft.

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Dieser ließ nach dem versuchten Angriff von Pérez auf das Höchstgericht und das Innenministerium die Armee mobilisieren. Zuvor hatte er harte Töne gegen die Opposition angeschlagen.

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Caracas/Wien – Auch Stunden nach einem versuchten Luftangriff auf das Höchstgericht und das Innenministerium Venezuelas blieb am Mittwoch das Faktengerüst dünn. Schnell wuchs dafür die Zahl der Fragen an, die der zunehmend rätselhafte Flug eines ehemaligen Polizisten auf die beiden Gebäude aufwirft – darunter jene nach dem verbleibenden Maß an Kontrolle, die Präsident Nicolás Maduro nach den monatelangen Straßenprotesten im Land noch ausübt, und jene nach der Stabilität des südamerikanischen Landes und seiner Institutionen.

Ausgelöst hatte das neuerliche Chaos in der Hauptstadt ein Mann, den die Behörden wenig später als Oscar Pérez identifizierten. Er hatte einen Hubschrauber der Polizei entwendet und später nach Angaben der Regierung vier Granaten auf das Gebäude des Höchstgerichts abgeworfen sowie 15 Schüsse auf jenes des Innenministeriums abgegeben. Beide Institutionen sind den Gegnern Maduros besonders verhasst – das Höchstgericht wegen seiner Rolle bei der Entmachtung des Parlaments und das Innenministerium wegen der Bemühungen zur Protestniederschlagung. Maduro sprach von einem Putschversuch und mobilisierte die Armee.

"Gegen die kriminelle Regierung"

Zeugen bestätigten die Meldungen von Detonationen. Auf einem Video ist zudem ein Teil des Flugs zu sehen. Verletzt wurde bei der Aktion niemand, über Pérez’ Aufenthaltsort gab es zunächst keine gesicherten Angaben. Eine Aussage Maduros, wonach man "den Helikopter ebenso wie die Hintermänner" finden und festhalten werde, ließen aber vermuten, dass Pérez zunächst entkommen sein könnte.

Kurz nach der Tat tauchten im Internet mehrere Videos auf, in denen sich Pérez zur Tat bekennt. Er tritt darin in Uniform und flankiert von vier maskierten und bewaffneten Personen auf und bezeichnet sich als Teil einer "Koalition von Militärs, Polizei und Zivilisten (...) gegen die kriminelle Regierung". Auf Fotos seines Hubschrauberflugs ist zudem ein Plakat zu sehen, das auf den Artikel 350 der venezolanischen Verfassung verweist. Dieser erlaubt es Bürgern, gegen "jedes Regime, das gegen demokratische Garantien verstößt und Menschenrechte einschränkt", zu rebellieren.

Über die möglichen Hintermänner der Tat – und darüber, wie groß der Kreis möglicher Verschwörer überhaupt ist – herrschte derweil Rätselraten. Informationsminister Ernesto Villegas sagte, Pérez habe seinen Angriff "unter der Anleitung der CIA und der US-Botschaft in Caracas" durchgeführt. Die Regierung betonte aber auch eine angebliche Verbindung des Piloten zum früheren Geheimdienstchef und sozialistischen Innenminister Miguel Rodríguez Torres. Dieser war 2014 entlassen worden und hat sich seither zum Kritiker der Regierung gewandelt. Er dementierte am Mittwoch jede Verbindung.

Gegner in den eigenen Reihen

Unzweifelhaft ist allerdings, dass Maduro auch aus der eigenen Partei zuletzt Widerstand entgegenschlug. Einstige Mitstreiter haben sich gegen seinen Plan ausgesprochen, in komplizierten lokalen Gruppenabstimmungen am 30. Juli eine Bürgerversammlung wählen zu lassen, die dann über eine neue Verfassung für das Land beraten soll.

Während der Präsident das Vorhaben als Ausweg aus den blutigen Protesten bewirbt, sieht die Opposition einen Schritt, mit dem der Staatschef den 2018 vorgesehenen Präsidentenwahlen entgehen wolle. Die Gegner aus den eigenen Reihen verlangen von Maduro vor der Einberufung der Versammlung ein Referendum abzuhalten, so wie dies auch sein Amtsvorgänger Hugo Chávez im Jahr 1999 getan hatte.

Präsident droht mit Gewalt

Unter Druck hat der Präsident in den vergangenen Wochen seine Rhetorik noch einmal verschärft. Wenige Stunden vor dem Helikopterangriff am Dienstag warnte er, dass seine sozialistische Partei im Fall eines anhaltenden Chaos zu Gewalt greifen könnte. "Wir würden niemals aufgeben, und was mit Wahlen nicht zu machen ist, werden wir mit Waffen machen", sagte er. Zudem warnte er die USA vor einer Einmischung. Andernfalls würde das Land von Flüchtlingen aus Venezuela überschwemmt werden: "Sie müssten 20 Mauern im Meer bauen, von Mississippi bis Florida, von Florida bis New York". (mesc, 28.6.2017)