Lausanne – Mehr als 200.000 Menschen weltweit erkranken jährlich an einem follikulären Lymphom. Dabei produziert der Körper abnormale weiße Blutkörperchen (B-Lymphozyten), die eigentlich als Teil des Immunsystems Infektionen bekämpfen sollten. Diese bislang unheilbare Art von Krebs hängt mit mehreren Genveränderungen im Erbgut zusammen. Bisher war jedoch unklar, welche davon an seiner Entstehung beteiligt sind, berichtet die ETH Lausanne.

Gen mit entscheidender Rolle

Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Uni und ETH Lausanne hat nun das Erbgut von mehr als 200 Patienten untersucht und dabei entdeckt, dass ein Gen namens Sestrin1 oft fehlt oder funktionsunfähig ist. Das dürfte mit der Entstehung des Lymphoms in Zusammenhang stehen, berichten die Forscher im Fachblatt "Science Translational Medicine".

Ein typisches Merkmal bei follikulären Lymphomen ist eine genetische Anomalie, bei der Teile zweier Chromosomen ausgetauscht sind, nämlich 14 und 18. Zudem fehlt bei rund 30 Prozent der Patienten ein Stückchen vom Chromosom 6, auf dem mehrere Gene liegen. Bei weiteren 20 Prozent sind die Chromosomen so umorganisiert, dass mehrere Gene in ihrer Funktion betroffen sind. Bisher war schwer zu sagen, welches unter all den beeinträchtigten Genen an der Entstehung der Krankheit beteiligt ist.

Die Forscher der ETH Lausanne um Elisa Oricchio berichteten nun mit US-amerikanischen und britischen Kollegen, dass mit dem verlorenen Stück von Chromosom 6 auch das Gen Sestrin 1 abhanden kommt oder in einigen Patienten stillgelegt sein kann. Sestrin 1 hilft der Zelle dabei, Schäden am Erbgutmolekül DNA zu beheben. Es sei Teil des Anti-Tumor-Arsenals und stoppe das Wachstum von Krebszellen, schrieb die ETH.

Regulierung versagt

Seine Anti-Tumor-Wirkung entfaltet Sestrin 1, indem es einen Proteinkomplex namens mTORC1 blockiert. Dieser kontrolliert die Herstellung von Eiweißen und dient auch als Sensor für Änderungen im Nährstoff- und Energiehaushalt der Zelle. Ohne Sestrin 1 läuft dieses fein regulierte System aus dem Ruder.

Die Entdeckung der Wissenschafter ist auch deshalb wichtig, weil die Wirksamkeit eines neuen Krebsmedikaments, das derzeit in klinischen Studien getestet wird, von Sestrin 1 abhängt. Und das betrifft nicht nur follikuläre Lymphome, so die Mitteilung. Am Zustand von Sestrin 1 ließe sich somit erkennen, ob Krebspatienten von dem neuen Medikament profitieren oder es wirkungslos bleibt. (APA, red, 29. 6. 2017)